Bei der Auseinandersetzung mit dem Thema Helden im Deutschunterricht schrieb die Schülerin Lily Schalter aus der Klasse 8.4 folgenden Text über Zivilcourage, eine Eigenschaft, die jeder von uns, auch wenn er nicht gleich ein Held werden will, braucht.

Wir finden, jeder sollte wissen, wie man Zivilcourage erlernen und anwenden kann.

Zivilcourage

Weißt du eigentlich, was Zivilcourage ist? Wahrscheinlich hast du schon das Schild neben dem Eingang unserer Schule gemerkt. Schule ohne Rassismus, Schule mit Courage. Da hat sich auch bei mir der Gedanke breitgemacht, was Courage, oder spezieller Zivilcourage ist. Im Nachhinein finde ich es traurig, dass so viele Menschen mit diesem Begriff nichts anfangen können, obwohl er so wichtig ist. Deshalb will ich mit diesem Artikel für Ordnung sorgen. Ich möchte erklären, was Zivilcourage ist, wie sie in der Praxis angewandt (oder auch nicht angewandt) wird und wie DU sie anwenden kannst.

Ich würde Zivilcourage als Mut bezeichnen. Es ist der Mut, etwas zu tun, wenn andere wegschauen oder schweigen. Der Mut, seine Meinung frei zu äußern und sie dem Gegner ins Gesicht zu sagen. Es ist der Mut, anderen zu helfen, wenn sie von Dritten bedroht werden. Heißt, wenn der kleine Jonas aus der fünften Klasse wieder von den Größeren geschupst wird, würde jemand mit Zivilcourage zwischen sie gehen und Jonas seine Hilfe anbieten.

Sei mal ehrlich zu dir selbst, würdest du das tun? Der Großteil der Menschheit hätte jetzt wahrscheinlich nur einen abwerteten Blick in Richtung Schubser geworfen und wäre dann verschwunden. Doch woran liegt das? Menschen haben eigentlich den Drang, sich zu helfen, etwas Gutes zu tun, damit auch sie sich gut fühlen können. Doch die meisten fühlen sich in so einer Situation unsicher. Sie wissen nicht, was zu tun ist. Außerdem könnte es ja auch nur ein Spaß der Kinder sein. Wenn man dann dazwischengeht, könnte das schon peinlich enden. Also lieber schnell weg.

Am Ende kann das aber auch gefährlich sein, jedenfalls für die Opfer. Einer Studie zufolge, bei der 1000 Menschen befragt wurden, wurde 47% der Männer, die auf der Straße, also in der Öffentlichkeit, gewalttätig angegriffen wurden, nicht geholfen. Bei den Frauen steigt die Zahl noch einmal drastisch auf 65%. Das ist doch unglaublich. Mehr als der Hälfte der Frauen wurde in einer Notsituation auf der Straße nicht geholfen. Das muss man sich mal vorstellen: eine Frau wird auf offener Straße von einem Mann belästigt. Und alle Menschen, die in der Lage wären zu helfen, gehen vorbei und tun nichts. Und diese Fälle häufen sich: In den Medien wird immer wieder von eskalierten Situationen berichtet, die durch Hilfe so garnicht zu Stande gekommen wären. Ist es dann nicht besser, das Risiko von einer peinlichen Situation in Kauf zu nehmen, anstatt nichts zu tun?

Du willst helfen, weißt aber nicht, wie? Keine Sorge, ich habe hier ein paar Verhaltensregeln für den Notfall: Wenn du eine Situation wahrnimmst, bei der Hilfe benötigt wird, solltest du natürlich erstmal abschätzen, ob diese auch wirklich ein Notfall ist. Ist das der Fall, musst DU dich verantwortlich fühlen, nicht auf andere Helfer hoffen, sondern selbst einschreiten. Anschließend solltest du dich aber auf keinen Fall unüberlegt ins Geschehen stürzen. Am besten gehst du im Kopf nochmal durch, wie du dich jetzt verhalten willst. Beim Eingreifen sollte man sachlich und beschwichtigend auftreten und sich in erster Linie an das Opfer wenden, ihm signalisieren, dass er nicht allein ist. Wenn du dich so besser fühlst, kannst du auch Andere in der Umgebung ansprechen und sie um Hilfe bitten. Am Ende möchte ich dir aber noch etwas unglaublich Wichtiges mitgeben: gefährde nicht dein eigenes Leben. Fühlst du dich unsicher, kannst du immer die Polizei verständigen. Aber trotzdem muss Zivilcourage nicht immer mit Gewalt zu tun haben. Auch verbal kannst du helfen und zu einer Veränderung in der Gesellschaft aufrufen. Also: jeder kann es, es ist einfach und macht unsere Welt ein kleines bisschen besser. Zivilcourage.

Lily Schalter, Klasse 8.4

 

M. Harrer