Meine Erwartungen: Pferde, Männer, Sonnenuntergänge und Gewehr-Duelle vor schroffer Landschaft. Eigentlich bin ich kein Western-Fan. Der neue Film von Valeska Grisebach trägt nicht nur im Titel diese Assoziationen, sondern zeigt auch genau solche Bilder. Trotzdem ist er ganz anders – und sehr zu empfehlen.
Eine Gruppe deutscher Bauarbeiter fährt auf Montage nach Bulgarien. Ein zusammengewürfelter Haufen Männer, irgendwie unbehaust, ohne Familien, verschlossen und misstrauisch gegenüber den anderen. In der bulgarischen Provinz, nahe der griechischen Grenze, sollen sie einen örtlichen Staudamm errichten. Es ist Sommer, brütende Hitze und vor allem Wasserknappheit machen ihnen und den Bewohnern des nahen Dorfes das Leben schwer. Der Materialnachschub für die Baustelle versickert in mafiösen ortsansässigen Betrieben und das Leben eng aufeinander in provisorischen Unterkünften führt zu Konflikten zwischen den Männern. Außerdem geraten sie in Streit über den richtigen Umgang mit den Dorfbewohnern.
Das klingt ein bisschen zu alltäglich?
Als würde man dem richtigen Leben über die Schulter schauen? Genau so ist es auch: alle Schauspieler sind Laien, gecastet z.B. auf Baustellen und Rummelplätzen. Dadurch wirkt das, was sie sagen und wie sie es sagen, sehr authentisch. Die Sprachschwierigkeiten zwischen Bulgaren und Deutschen übertragen sich dabei auf den Zuschauer, auch wenn er sich mit den Untertiteln behelfen kann. Vieles bleibt aber unausgesprochen – Körpersprache und Handlungen der Figuren charakterisieren diese besser als Worte.
Einen Showdown gibt es nicht, ob die Fremden in der dörflichen Gemeinschaft aufgenommen werden und also „ankommen“, bleibt offen. Auch, ob sie die Liebe finden – und vielleicht doch bleiben.
Was ich gesehen habe?
Karge Landschaften, schwitzende Männerkörper, eine Geschichte von der Suche nach Zugehörigkeit und Freundschaft, ruhig erzählt und mit viel Raum für die ungelenken Hauptdarsteller. Und ein Plädoyer für Toleranz.
Simone Albrecht