„Helden wie Leuschner stehen nicht immer in Geschichtsbüchern, wir sollten ihre Opfer, die sie für andere erbracht haben, trotzdem zu schätzen wissen.“

In der Tat findet der Protagonist des Theaterstückes „Die Vermessung der Demokratie“ nur selten Eingang in die deutschen Klassenzimmer. Am 13.09.2023 besuchten daher drei zehnte Klassen das Theaterforum Kreuzberg, um sich mit der Geschichte des Widerstandskämpfers Wilhelm Leuschner auseinanderzusetzen.

Leuschner war während der Nazi-Diktatur maßgeblich am Umsturzversuch Hitlers beteiligt. Er organisierte im Zuge der Militärverschwörung um Stauffenberg das zivile Netzwerk zur Wiederherstellung einer demokratischen Ordnung nach dem geplanten Sturz Hitlers. In der Schule bleibt sein Name jedoch weit hinter dem Stauffenbergs oder der Weißen Rose zurück. Doch wie kommt das?
Sowohl die mediale Aufarbeitung der historischen Persönlichkeit Wilhelm Leuschner als auch die Zugänglichkeit von Quellenmaterial bleiben weit hinter seinem Vermächtnis zurück.

Im Podiumsgespräch nach der Vorführung erzählt uns Jan Uplegger, Schauspieler und Organisator des Stückes, dass er zur Vorbereitung des Textes bislang unerschlossenes Archivmaterial gesichtet und ausgewertet habe.

Die 96 SchülerInnen zeigten sich vor allem beeindruckt von der Tatsache, dass weite Teile des Stückes aus Originalzitaten bestanden, welche durch erklärende Kommentare des Erzählers eingeordnet wurden.

„Das Stück hat wahre Ereignisse dargestellt, indem auch wahre Zitate und Geschehnisse wiedergegeben wurden. Dadurch konnte man einen guten Einblick erhalten, wie früher Gespräche und Reden abliefen.“

Das Künstler-Trio aus Jan Uplegger (Schauspiel), Yumiko Tsubaki (Violine) und Maria Hinze (Klavier) erweckte Wilhelm Leuschner für die Schülerinnen auf der Bühne wieder zum Leben, indem durch Schauspiel und musikalische Untermalung das Leben und Wirken des Widerstandskämpfers nachgezeichnet wurden.

In der anschließenden Podiumsdiskussion nahmen sich Uplegger, Tsubaki und Hinze viel Zeit, um auf die verschiedenen Fragen und Kommentare der SchülerInnen einzugehen. Dabei ging die Themenbandbreite vom Leben Leuschners und seiner Einordnung in die NS-Zeit bis hin zur Motivation hinter dem Theaterstück sowie der künstlerischen Umsetzung.

Nach dem Theaterbesuch haben die SchülerInnen sowohl das Stück selbst als auch ihre Erfahrung am Lernort Theater reflektiert:

„Ich habe das Gefühl, dass man durch ein Theaterstück näher an der ‚Geschichte‘ ist. Man kann die Menschen und Requisiten rein theoretisch anfassen und guckt sie nicht nur an, wie in einem Film.“

„Die Interaktion durch die Flugblattaktion mit den Zuschauern war toll.“

„Das Stück wurde aus der Sicht von Wilhelm Leuschner erzählt. Sehr gut gelungen mit den Emotionen, die von Leuschner ausgingen.“

„Mir hat vor allem die Musik gefallen und wie sie die Stimmung der Situation auf die Zuschauer übertragen hat.“

„Wir nehmen Eindrücke mit, die uns die angsteinflössende Stimmung vor und nach Hitlers Machtübernahme sehr deutlich gemacht haben.“

„Man kann mitnehmen, dass jeder einzelne in der Gesellschaft etwas bewirken kann. Es ist wichtig, sich bewusst zu machen, dass man als Individuum auch Handlungen und Ziele erreichen kann – und dass es wichtig ist, dass es Menschen in der Geschichte gab, die so mutig waren.“

Ein Bericht von A. Kindling