Am Freitag, den 28. Februar 2020, waren wir, die Friedenstauben zu einem Zeitzeugengespräch der anderen Art im Technischen Museum eingeladen.

In Kooperation mit der SHOA Foundation testet das Technische Museum Berlin derzeit ein neuartiges Programm, bei dem die Zeitzeugin Anita Lasker-Wallfisch Fragen zu Ihrem Leben beantwortet. Das Besondere ist, dass dieses Zeitzeugen-Interview auch noch in 100 Jahren verfügbar sein wird.

Denn wir redeten nicht direkt mit Frau Lasker-Wallfisch, sondern mit einer Videoaufnahme von ihr.

Dabei meinen wir nicht die Videotelefonie im Sinne von Skype oder Facetime, denn unser interaktives Gespräche führen wir mit einem Programm, das aufgezeichnete Interviewabschnitte passend zeigte.

Frau Lasker-Wallfisch hat den Holocaust und das Konzentrationslager Auschwitz überlebt.  

Das Ganze funktioniert folgendermaßen: Frau Lasker-Wallfisch hat in 5 Tagen mehr als 1000 Fragen zu sich und Ihrem Leben in einem Interview beantwortet. Dabei wurde sie von elf Kameras aufgezeichnet, sodass Frau Lasker-Wallfisch später auch als Hologramm dargestellt werden kann. Einzelne Videosequenzen werden durch ein Programm mit gestellten Fragen verknüpft. 

Ziel ist es, dass Interessierte langfristig Fragen an Zeitzeugen zu Themen wie dem Holocaust, Verfolgung und Flucht, Diskriminierung und Rassismus, dem NS-Regime, dem Alltag in  Konzentrationslagern und der Zeit nach der Befreiung stellen können. Diese Fragen werden in ein Mikrophon gesprochen und durch das Programm mit der passenden Sequenz des Interviews verknüpft. Anschließend werden relevante Szene gezeigt. 

Das Ganze befindet sich noch in der Testphase. Das bedeutet, dass noch nicht alles so funktioniert wie es soll. Ab und zu haben wir eine falsche Antwort erhalten, oder unsere Fragen wurden nicht erkannt. Insgesamt haben wir trotzdem einen überraschend positiven Eindruck von diesem einmaligen Programm.

Wir haben die Geschichte von Frau Lasker-Wallfisch als Holocaust- und KZ Auschwitz-Überlebende aus erster Hand erfahren und sind tief beeindruckt von dieser Begegnung. Sie selbst war zur Zeit des Krieges ein junges Mädchen, welches jüdische Wurzeln hatte, aber selbst nicht die jüdischen Traditionen lebte. 

Antisemitismus hat sie zum ersten mal in Ihrer damaligen kleinen Schule erfahren: „Gib dem Juden nicht den Schwamm!“

Jude sein, was war das? War das etwas schlimmes? Sie selbst wusste nicht was es hieß Jude zu sein, merke aber sehr schnell, dass es sehr gefährlich war, Jude zu sein. 

Ihre Familie schaffte es nicht, zu fliehen. Ihre Eltern wurden deportiert als sie 16. war. Gemeinsam mit Ihrer Schwester Renate wurde sie nach Auschwitz gebracht. Dort überlebte sie nur, weil dort eine Cellisten gesucht wurde und Frau Lasker-Wallfisch Cello spielen konnte. 

Das Schlimmste in Auschwitz war alles. Alles war die Hölle und trotzdem hat Frau Lasker-Wallfisch überlebt und teilt auch heute noch Ihre Erfahrungen mit unsere Generation, damit sich die Geschichte nie wiederholt. 

Wir sind sehr dankbar, diese Erfahrung gemacht haben zu dürfen.

Wir sehen ein großes Potential in diesem neuen Programm, die Geschichten und das Wissen der Zeitzeugen auch in der Zukunft authentisch und interaktiv weiterzugeben.

 

IG Friedenstaube