Ein Erfinder zu Gast

Am 9. Juli 2025 hatten wir die große Ehre, eine beeindruckende Persönlichkeit an unserer Schule willkommen zu heißen: Prof. Erich John, den Gestalter der Weltzeituhr auf dem Berliner Alexanderplatz – ein Wahrzeichen, das Millionen Menschen kennen, aber nur wenige in seiner Tiefe verstehen.

Mit 94 Jahren sprach Prof. John offen, klug und humorvoll über sein Leben als Designer, Zeitzeuge und Bauhaus-Erbe– und ließ uns an Gedanken teilhaben, die noch lange nachwirken werden.

„Design ist nie neutral. Es trägt Verantwortung – für Menschen, für Umwelt, für die Gesellschaft.“
– Prof. Erich John

Die Weltzeituhr – mehr als nur ein Wahrzeichen

Die 1969 eingeweihte Weltzeituhr war für die DDR ein Symbol von Fortschritt und Weltoffenheit. Für Prof. John war sie weit mehr: ein gestalterisches Statement für globale Orientierung, Austausch und Zusammenhalt. Die drehbare Aluminiumkonstruktion zeigt die Zeit in 24 Zeitzonen – technisch ambitioniert, ästhetisch reduziert, politisch sensibel.

Im Gespräch mit den Schüler*innen betonte er, wie sehr ihn der Gedanke des Bauhauses geprägt habe:
Gutes Design müsse nützlich, langlebig, schön – und vor allem menschenfreundlich sein. Die Uhr steht sinnbildlich für seine Überzeugung, dass Gestaltung auch Haltung ist.

Ein Leben zwischen Flucht, Neubeginn und Anerkennung

Besonders eindrücklich war Prof. Johns Schilderung seiner Fluchterfahrung nach dem Zweiten Weltkrieg. Als Jugendlicher musste er seine Heimat in der damaligen Tschechoslowakei verlassen. In der DDR baute er sich ein neues Leben auf – zunächst als Handwerker, dann als Designer, Hochschullehrer und Gestalter, der seine Umwelt stets mitdenken wollte.

Sein Lebensweg zeigt: Gestaltung beginnt mit der Auseinandersetzung mit der Welt.
Für seine Arbeit und seine Haltung wurde er 2023 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet.

„Für die Zukunft wünsche ich mir Frieden – und dass junge Menschen mutig gestalten, nicht nur konsumieren.“
– Prof. Erich John

Was bleibt

Der Besuch war mehr als ein Zeitzeugengespräch – er war ein Impuls: für kritisches Denken, für neugieriges Fragen, für bewusste Gestaltung der eigenen Zukunft.
Schüler*innen führten durch das Programm, stellten kluge Fragen und zeigten, wie lebendig und relevant Geschichte im Hier und Jetzt sein kann.

Im Anschluss wurden die Beiträge des schulinternen Fotowettbewerbs „Mensch – Zeit – Raum“ gewürdigt – künstlerische Perspektiven auf die Weltzeituhr, die das Thema kreativ weiterführten. Wir gratulieren Emilia H. und Sanya L. aus dem 11. Jahrgang. Ihre Fotos “Weltzeit im Tropfentakt” und “Rausch der Zeit” haben die Jury überzeugt.

Herzlichen Glückwunsch! Zudem vielen Dank allen kreativen Köpfen, die ein Foto eingesendet und eine neue Perspektive auf die Weltzeituhr gezeigt haben.

Besonders danken wir Prof. Erich John für seine Zeit, seine Offenheit – und vor allem für seine klare Botschaft: Gestaltung braucht Verantwortung, Zukunft beginnt mit Haltung.

J. Koll