Der Leistungskurs Kunst taucht seit einem halben Jahr in Vorbereitung der Ausstellung „Werte, Weitergabe, Solidarität“ tief in die Werte unseres Namensgebers ein und reflektiert, inwieweit diese Werte in unserer heutigen Gesellschaft fortbestehen. Besonders rückt dabei der Wert der Solidarität in den Fokus.
Unsere Kunstschaffenden haben sich mit den Fragen: „Was bedeutet Solidarität?“, „Ist Solidarität eine Verpflichtung?“ und „Wie lässt sich Solidarität künstlerisch ausdrücken?“ auseinandergesetzt. Sie haben recherchiert, ihre Familien und Freunde interviewt und ganz individuelle Grafiken, Malereien und Fotos geschaffen.
Kunstausstellung vom 6. – 22. März 2024
Schloss Biesdorf im Heino-Schmieden-Saal
Alt-Biesdorf 55
12683 Berlin
Anfahrt mit den öffentlichen Verkehrsmitteln
S-Bahnhof Biesdorf (S5)
Bushaltestelle: Oberfeldstraße (108)
Öffnungszeiten:
Montag, Mittwoch und Donnerstag: 10 – 18 Uhr
Freitag: 12 – 21 Uhr
Samstag und Sonntag: 10 – 18 Uhr
Bevorstehende Ereignisse:
Vernissage am Mittwoch, 6. März 2024, 17 – 18:30 Uhr.
Austausch zum Thema “Weitergabe von Werten” am Montag, 11. März 2024, 12 – 13 Uhr
mit den kreativen Köpfen des Leistungskurses
Gespräch zum Thema “Auf den Spuren der Kunst” am Mittwoch, 13. März 2024, 10 – 11 Uhr
mit den kreativen Köpfen des Leistungskurses
Dialog zum Thema “Solidarität” am Mittwoch, 20. März 2024, 12 – 13 Uhr
mit den kreativen Köpfen des Leistungskurses
Vortrag über die Geschichte hinter dem Werk “Friedrichsgracht II” am Donnerstag, 14. März 2024, 16 Uhr
präsentiert von Axel Matthies, Mitglied der Freunde Schloss Biesdorf e.V.
Finissage am Freitag, 22. März 2024, 17 – 18 Uhr
Bevorstehende Ereignisse
Vernissage am Mittwoch, 6. März 2024, 17 – 18:30 Uhr.
Austausch zum Thema “Weitergabe von Werten” am Montag, 11. März 2024, 12 – 13 Uhr
mit den kreativen Köpfen des Leistungskurses
Gespräch zum Thema “Auf den Spuren der Kunst” am Mittwoch, 13. März 2024, 10 – 11 Uhr
mit den kreativen Köpfen des Leistungskurses
Dialog zum Thema “Solidarität” am Mittwoch, 20. März 2024, 12 – 13 Uhr
mit den kreativen Köpfen des Leistungskurses
Vortrag über die Geschichte hinter dem Werk “Friedrichsgracht II” am Donnerstag, 14. März 2024, 16 Uhr
präsentiert von Axel Matthies, Mitglied der Freunde Schloss Biesdorf e.V.
Finissage am Freitag, 22. März 2024, 17 – 18 Uhr
Selin im Interview mit ihrem Vater
Selin Hakmetova: Mein Vater, Acryl, 40 x 29,5cm
Herzlich willkommen Papa. Es ist großartig, dass du dich bereit erklärt hast, ein paar Fragen zu beantworten. Ich weiß, dass du eine reiche Lebensgeschichte hast und vielen Dank, dass du dich bereit erklärt hast, offen über diese zu reden. Stell dich erstmal vor. Wer bist du? Wo kommst du her und was machst du beruflich?
Ich heiße Osman, bin dein Papa. Bin 49 Jahre alt und in Bulgarien geboren. Ich arbeite seit vielen Jahren in der Gastronomie im Familienbetrieb.
Wieso bist du nach Deutschland gekommen und wie lange bist du schon hier?
Der Grund ist ehrlich gesagt lustig. Ich wollte unbedingt mein Traumauto kaufen. Dieses gab’s aber damals nur in Deutschland und im kommunistischen Bulgarien nicht. Deshalb sind mein bester Freund und ich nach Deutschland und haben uns beide unser Traumauto gekauft, welches ich übrigens immer noch besitze. Ja, seit dem bin ich hier.
Was ist der wichtigste Wert für dich, welchen du auch an mich, als deine Tochter weitergeben möchtest? Und inwiefern spielt der Wert der Arbeit eine Rolle?
Familie ist für mich der wichtigste Wert. Und das habe ich dir auch versucht weiterzugeben. Du solltest wissen, dass deine Familie jederzeit für dich da ist und wir immer zusammenhalten. Ich habe mit deiner Mutter zusammen alles dafür getan, damit du weißt, dass du uns vertrauen kannst und du uns als deine Bezugspersonen siehst. In deiner Erziehung haben wir dich immer darauf hingewiesen, wie wichtig Respekt ist. Respekt vor deinen Eltern, aber auch allen anderen Personen, sei es vor deinen Mitschülern, Lehrern oder Fremden.
Nun in den letzten Jahren hast du, denke ich, auch mitbekommen, wie wichtig Arbeit ist. Nach meiner Meinung ist es sogar lebensnotwendig, einen Beruf zu finden, der zu dir passt. Wenn jemand in einem Job arbeitet, der kein Spaß macht und man nicht zufrieden ist, dann wird man kein glückliches Leben führen. Zudem muss der Job dich so finanziell absichern, dass du gut um die Runden kommst. Und genau das wird immer schwerer, deshalb muss man sich viele Gedanken machen über die Berufswahl, aber auch über die Qualifikationen, die man braucht.
Ich hoffe du weißt, dass der Wert der Familie auch für mich der wichtigste Wert überhaupt ist. Aus diesem Grund habe ich mich dazu entschieden, dich zu malen. In meinem Werk stehst du im Fokus. Du auf der Arbeit. Du hast deine Heimat verlassen und arbeitest seit so vielen Jahren so hart um unserer Familie ein gutes Leben zu ermöglichen. Das Wort „Danke“ würde nicht ausreichen, um mich bei dir zu bedanken. Ich möchte deine Geschichte erzählen. Und ich hoffe, das gelingt mir mit meinem Bild. Das Bild zeigt dich im Vordergrund, wie du erschöpft, aber auch etwas traurig nach unten guckst und somit kein Blickkontakt mit dem Betrachter hast. Die Farben sind nicht lebendig und fröhlich. Die getrübten Grün-/Blautöne sollen deine Erschöpfung verdeutlichen. Und das Fenster im Hintergrund soll die Außenwelt darstellen. Du sehnst dich nach draußen, in die Natur, doch leider bist du auf der Arbeit gefangen und hast nicht die Möglichkeit, von der Arbeit zu fliehen.
Verspürst du manchmal die Gefühle von Erschöpfung und Sehnsucht, die ich versucht habe darzustellen? Sehnst du dich in die Außenwelt oder sogar nach deiner Heimat?
Natürlich bin ich manchmal erschöpft und habe Sehnsucht nach meiner Heimat. Und diese Gefühle werden immer stärker, je älter ich werde. Ich bin schon so viele Jahre fern von meiner Familie und meiner Heimat, deshalb wird es auch immer schwerer für mich, mich nicht nach meiner Heimat zu sehnen. Was mir auch sehr schwer fällt ist, dass nicht nur ich älter werde, sondern auch all meine Freunde und Verwandte in meiner Heimat, die ich so selten sehe. Und zu wissen, dass die meisten bald nicht mehr da sind, lässt meine Sehnsucht mehr wachsen. Aber ich kann nicht einfach von der Arbeit fliehen, schließlich habe ich noch ein paar Jahre Arbeit vor mir.
Was bedeutet „Heimat“ für dich?
Heimat ist für mich der Ort, in dem sich mein Herz zuhause fühlt. Meine Erinnerungen wohnen in den Wänden meines Elternhauses, wo meine Lebensgeschichte angefangen hat. Jedes Mal, wenn ich wieder in Bulgarien bin, entsteht bei mir ein Gefühl der Verbundenheit, das durch meine Familie, Freunde und Traditionen geformt wird. Ich werde mich immer mit meinem Heimatland verbunden fühlen und Sehnsucht verspüren, denn es ist der Ort, der mir meine Identität und das Gefühl der Zugehörigkeit verleiht.
War es schwer für dich, deine Heimat und somit auch deine Familie zu verlassen? Ist die Sehnsucht nach deiner Heimat groß?
Ja, es war extrem schwer für mich, meine Heimat zu verlassen. Der Abschied von meiner Familie war schmerzhaft, und die Sehnsucht nach meiner Heimat ist ständig da. Die Erinnerungen an meine Heimat sind wie ein ständiger Begleiter, und die Sehnsucht verstärkt sich, wenn ich an die Menschen und die Kultur denke, die ich zurückgelassen habe.
Welche Vorstellungen hattest du von Arbeit in Deutschland? Haben sie sich von deinem Leben und deiner Arbeit in Bulgarien unterschieden?
Also, als ich nach Deutschland kam, wollte ich nicht für immer bleiben. Ich wollte nur kurz nach Berlin, um mein Auto zu kaufen. Danach war es mein Plan, wieder zurück in meine Heimat zu gehen. Jedoch war das Leben in Deutschland viel freier und besser, ganz anders als im damaligen kommunistischen Bulgarien. Es war kein Geheimnis, dass Deutschland bessere Chancen für eine gute Zukunft hatte. Die damalige bulgarische kommunistische Partei hatte die politische Kontrolle über alle Lebensbereiche. Man konnte nicht einfach seine Meinung sagen und das öffentliche Leben wurde streng überwacht. Manchmal war unser Alltag geprägt von Mängeln, vom begrenzten Zugang zu Lebensmitteln. Aber auch ich, als jemand mit türkischer Herkunft, litt an Diskriminierung. In meiner Kindheit wurden die Namen von türkischen Bürgern verändert, wenn man sich gewehrt hatte, wurde dies mit Gewalt getan. Bei mir wurde aus Osman dann Martin. Jedoch ist Bulgarien immer noch der Ort gewesen, in dem ich geboren wurde und mit den Traditionen ich aufgewachsen bin, trotz all der Probleme. Was meine Arbeit angeht, die war komplett anders. In Bulgarien hatte ich nachdem ich beim Militär war, gelernt wie man Maschinen im Bahnverkehr baut. In Deutschland jedoch habe ich in der Gastronomie gearbeitet.
War es schwer für dich, in Berlin Fuß zu fassen und eine Arbeitsstelle zu finden?
Klar, war es schwer für mich. Ich war in einem fremden Land, in welchem ich die Sprache nicht konnte. Ich musste mein komplettes Leben verändern. Ich habe sehr, sehr lange gearbeitet, mit kaum Pausen. Dank meines Freundes fand ich eine Arbeitsstelle. Ich wohnte mit ihm zusammen. Eine Wohnung zu dem Zeitpunkt konnte ich mir alleine nicht leisten. Wäre mein bester Freund damals nicht gewesen, hätte ich niemals eine Arbeitsstelle gefunden. Ich hatte zum Glück Hilfe von meinem Kumpel, und das Glück, dass es mir dann finanziell durch meine Arbeit gut ging, so dass ich die Wohnung mitfinanzieren konnte. Alleine, ohne Unterstützung, hätte ich es niemals hier in Deutschland geschafft zu arbeiten und zu leben.
Wusstest du, dass Otto Nagel genau diese Krisen und Probleme in seinen Grafiken dargestellt hat? Nagel porträtierte häufig Arbeiter in verschiedenen Berufen und Lebenssituationen. Er versuchte, ihre harte Arbeit, ihre Lebensbedingungen und ihren Kampf für bessere Arbeitsbedingungen zu zeigen. In vielen seiner Werke betonte Nagel den Wert der Solidarität und Gemeinschaft der Arbeiter. Nagels Kunst diente als Mittel der Kritik von sozialen Ungerechtigkeiten. Er zeigte oft die Auswirkungen von Arbeitslosigkeit, Armut und politischer Unterdrückung. Zudem porträtierte Nagel auch Migranten. In der Weimarer Republik ging es Migranten finanziell sehr schlecht. Migranten litten mehr an sozialen Krisen wie die der Armut. Es war schwieriger für sie überhaupt Arbeit zu finden. Sie hatten keine Arbeitserlaubnis, sie wurden im Land nur geduldet und erhielten keine sozialen Unterstützungen.
Hast du Diskriminierung erfahren?
Ja, in meinen ersten Jahren als ich ihn Deutschland war, musste ich mir ab und zu Kommentare anhören. Sei es über mein Aussehen, meine Herkunft oder meinen Akzent. Manchmal wurde ich nicht ernst genommen oder ignoriert.
Glaubst du, dass die Schwierigkeiten, die Migranten damals hatten, sich in die deutsche Kultur und Arbeitswelt zu integrieren, auch heute noch relevante Themen sind?
Ja. Sich in ein fremdes Land zu integrieren ist immer schwer. Man muss sein Leben komplett verändern. Die Sprache muss erlernt werden, eine Wohnung muss gefunden werden und das Wichtigste: Arbeit. Jedoch ist es heutzutage einfacher geworden als zu meiner Zeit. Man bekommt viel Hilfe vom Staat. Man ist nie richtig auf sich allein gestellt.
Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, deine Gedanken und Erfahrungen zu teilen. Das Interview war äußerst informativ, und ich schätze deine Offenheit. Gibt es abschließend etwas, was du meiner Generation mitteilen möchtest?
Eure Familien sind für euch immer da und werden euch jederzeit unterstützen. Und macht euch nicht so ein Stress wegen eurer Berufswahl. Ihr werdet schon das Richtige finden.
Selin im Interview mit ihrem Vater
Selin Hakmetova: Mein Vater, Acryl, 40 x 29,5cm
Herzlich willkommen Papa. Es ist großartig, dass du dich bereit erklärt hast, ein paar Fragen zu beantworten. Ich weiß, dass du eine reiche Lebensgeschichte hast und vielen Dank, dass du dich bereit erklärt hast, offen über diese zu reden. Stell dich erstmal vor. Wer bist du? Wo kommst du her und was machst du beruflich?
Ich heiße Osman, bin dein Papa. Bin 49 Jahre alt und in Bulgarien geboren. Ich arbeite seit vielen Jahren in der Gastronomie im Familienbetrieb.
Wieso bist du nach Deutschland gekommen und wie lange bist du schon hier?
Der Grund ist ehrlich gesagt lustig. Ich wollte unbedingt mein Traumauto kaufen. Dieses gab’s aber damals nur in Deutschland und im kommunistischen Bulgarien nicht. Deshalb sind mein bester Freund und ich nach Deutschland und haben uns beide unser Traumauto gekauft, welches ich übrigens immer noch besitze. Ja, seit dem bin ich hier.
Was ist der wichtigste Wert für dich, welchen du auch an mich, als deine Tochter weitergeben möchtest? Und inwiefern spielt der Wert der Arbeit eine Rolle?
Familie ist für mich der wichtigste Wert. Und das habe ich dir auch versucht weiterzugeben. Du solltest wissen, dass deine Familie jederzeit für dich da ist und wir immer zusammenhalten. Ich habe mit deiner Mutter zusammen alles dafür getan, damit du weißt, dass du uns vertrauen kannst und du uns als deine Bezugspersonen siehst. In deiner Erziehung haben wir dich immer darauf hingewiesen, wie wichtig Respekt ist. Respekt vor deinen Eltern, aber auch allen anderen Personen, sei es vor deinen Mitschülern, Lehrern oder Fremden.
Nun in den letzten Jahren hast du, denke ich, auch mitbekommen, wie wichtig Arbeit ist. Nach meiner Meinung ist es sogar lebensnotwendig, einen Beruf zu finden, der zu dir passt. Wenn jemand in einem Job arbeitet, der kein Spaß macht und man nicht zufrieden ist, dann wird man kein glückliches Leben führen. Zudem muss der Job dich so finanziell absichern, dass du gut um die Runden kommst. Und genau das wird immer schwerer, deshalb muss man sich viele Gedanken machen über die Berufswahl, aber auch über die Qualifikationen, die man braucht.
Ich hoffe du weißt, dass der Wert der Familie auch für mich der wichtigste Wert überhaupt ist. Aus diesem Grund habe ich mich dazu entschieden, dich zu malen. In meinem Werk stehst du im Fokus. Du auf der Arbeit. Du hast deine Heimat verlassen und arbeitest seit so vielen Jahren so hart um unserer Familie ein gutes Leben zu ermöglichen. Das Wort „Danke“ würde nicht ausreichen, um mich bei dir zu bedanken. Ich möchte deine Geschichte erzählen. Und ich hoffe, das gelingt mir mit meinem Bild. Das Bild zeigt dich im Vordergrund, wie du erschöpft, aber auch etwas traurig nach unten guckst und somit kein Blickkontakt mit dem Betrachter hast. Die Farben sind nicht lebendig und fröhlich. Die getrübten Grün-/Blautöne sollen deine Erschöpfung verdeutlichen. Und das Fenster im Hintergrund soll die Außenwelt darstellen. Du sehnst dich nach draußen, in die Natur, doch leider bist du auf der Arbeit gefangen und hast nicht die Möglichkeit, von der Arbeit zu fliehen.
Verspürst du manchmal die Gefühle von Erschöpfung und Sehnsucht, die ich versucht habe darzustellen? Sehnst du dich in die Außenwelt oder sogar nach deiner Heimat?
Natürlich bin ich manchmal erschöpft und habe Sehnsucht nach meiner Heimat. Und diese Gefühle werden immer stärker, je älter ich werde. Ich bin schon so viele Jahre fern von meiner Familie und meiner Heimat, deshalb wird es auch immer schwerer für mich, mich nicht nach meiner Heimat zu sehnen. Was mir auch sehr schwer fällt ist, dass nicht nur ich älter werde, sondern auch all meine Freunde und Verwandte in meiner Heimat, die ich so selten sehe. Und zu wissen, dass die meisten bald nicht mehr da sind, lässt meine Sehnsucht mehr wachsen. Aber ich kann nicht einfach von der Arbeit fliehen, schließlich habe ich noch ein paar Jahre Arbeit vor mir.
Was bedeutet „Heimat“ für dich?
Heimat ist für mich der Ort, in dem sich mein Herz zuhause fühlt. Meine Erinnerungen wohnen in den Wänden meines Elternhauses, wo meine Lebensgeschichte angefangen hat. Jedes Mal, wenn ich wieder in Bulgarien bin, entsteht bei mir ein Gefühl der Verbundenheit, das durch meine Familie, Freunde und Traditionen geformt wird. Ich werde mich immer mit meinem Heimatland verbunden fühlen und Sehnsucht verspüren, denn es ist der Ort, der mir meine Identität und das Gefühl der Zugehörigkeit verleiht.
War es schwer für dich, deine Heimat und somit auch deine Familie zu verlassen? Ist die Sehnsucht nach deiner Heimat groß?
Ja, es war extrem schwer für mich, meine Heimat zu verlassen. Der Abschied von meiner Familie war schmerzhaft, und die Sehnsucht nach meiner Heimat ist ständig da. Die Erinnerungen an meine Heimat sind wie ein ständiger Begleiter, und die Sehnsucht verstärkt sich, wenn ich an die Menschen und die Kultur denke, die ich zurückgelassen habe.
Welche Vorstellungen hattest du von Arbeit in Deutschland? Haben sie sich von deinem Leben und deiner Arbeit in Bulgarien unterschieden?
Also, als ich nach Deutschland kam, wollte ich nicht für immer bleiben. Ich wollte nur kurz nach Berlin, um mein Auto zu kaufen. Danach war es mein Plan, wieder zurück in meine Heimat zu gehen. Jedoch war das Leben in Deutschland viel freier und besser, ganz anders als im damaligen kommunistischen Bulgarien. Es war kein Geheimnis, dass Deutschland bessere Chancen für eine gute Zukunft hatte. Die damalige bulgarische kommunistische Partei hatte die politische Kontrolle über alle Lebensbereiche. Man konnte nicht einfach seine Meinung sagen und das öffentliche Leben wurde streng überwacht. Manchmal war unser Alltag geprägt von Mängeln, vom begrenzten Zugang zu Lebensmitteln. Aber auch ich, als jemand mit türkischer Herkunft, litt an Diskriminierung. In meiner Kindheit wurden die Namen von türkischen Bürgern verändert, wenn man sich gewehrt hatte, wurde dies mit Gewalt getan. Bei mir wurde aus Osman dann Martin. Jedoch ist Bulgarien immer noch der Ort gewesen, in dem ich geboren wurde und mit den Traditionen ich aufgewachsen bin, trotz all der Probleme. Was meine Arbeit angeht, die war komplett anders. In Bulgarien hatte ich nachdem ich beim Militär war, gelernt wie man Maschinen im Bahnverkehr baut. In Deutschland jedoch habe ich in der Gastronomie gearbeitet.
War es schwer für dich, in Berlin Fuß zu fassen und eine Arbeitsstelle zu finden?
Klar, war es schwer für mich. Ich war in einem fremden Land, in welchem ich die Sprache nicht konnte. Ich musste mein komplettes Leben verändern. Ich habe sehr, sehr lange gearbeitet, mit kaum Pausen. Dank meines Freundes fand ich eine Arbeitsstelle. Ich wohnte mit ihm zusammen. Eine Wohnung zu dem Zeitpunkt konnte ich mir alleine nicht leisten. Wäre mein bester Freund damals nicht gewesen, hätte ich niemals eine Arbeitsstelle gefunden. Ich hatte zum Glück Hilfe von meinem Kumpel, und das Glück, dass es mir dann finanziell durch meine Arbeit gut ging, so dass ich die Wohnung mitfinanzieren konnte. Alleine, ohne Unterstützung, hätte ich es niemals hier in Deutschland geschafft zu arbeiten und zu leben.
Wusstest du, dass Otto Nagel genau diese Krisen und Probleme in seinen Grafiken dargestellt hat? Nagel porträtierte häufig Arbeiter in verschiedenen Berufen und Lebenssituationen. Er versuchte, ihre harte Arbeit, ihre Lebensbedingungen und ihren Kampf für bessere Arbeitsbedingungen zu zeigen. In vielen seiner Werke betonte Nagel den Wert der Solidarität und Gemeinschaft der Arbeiter. Nagels Kunst diente als Mittel der Kritik von sozialen Ungerechtigkeiten. Er zeigte oft die Auswirkungen von Arbeitslosigkeit, Armut und politischer Unterdrückung. Zudem porträtierte Nagel auch Migranten. In der Weimarer Republik ging es Migranten finanziell sehr schlecht. Migranten litten mehr an sozialen Krisen wie die der Armut. Es war schwieriger für sie überhaupt Arbeit zu finden. Sie hatten keine Arbeitserlaubnis, sie wurden im Land nur geduldet und erhielten keine sozialen Unterstützungen.
Hast du Diskriminierung erfahren?
Ja, in meinen ersten Jahren als ich ihn Deutschland war, musste ich mir ab und zu Kommentare anhören. Sei es über mein Aussehen, meine Herkunft oder meinen Akzent. Manchmal wurde ich nicht ernst genommen oder ignoriert.
Glaubst du, dass die Schwierigkeiten, die Migranten damals hatten, sich in die deutsche Kultur und Arbeitswelt zu integrieren, auch heute noch relevante Themen sind?
Ja. Sich in ein fremdes Land zu integrieren ist immer schwer. Man muss sein Leben komplett verändern. Die Sprache muss erlernt werden, eine Wohnung muss gefunden werden und das Wichtigste: Arbeit. Jedoch ist es heutzutage einfacher geworden als zu meiner Zeit. Man bekommt viel Hilfe vom Staat. Man ist nie richtig auf sich allein gestellt.
Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, deine Gedanken und Erfahrungen zu teilen. Das Interview war äußerst informativ, und ich schätze deine Offenheit. Gibt es abschließend etwas, was du meiner Generation mitteilen möchtest?
Eure Familien sind für euch immer da und werden euch jederzeit unterstützen. Und macht euch nicht so ein Stress wegen eurer Berufswahl. Ihr werdet schon das Richtige finden.
Nele im Interview mit ihrem Opa
Nele Ochs: Intoleranz gegenüber Toleranz, Collage
„Ich bin Vertreter der Ansicht, dass man immer gute Lehrer braucht, in allem – und zwar auch
dann, wenn man selbst schon ausgebildet (…) ist. Man braucht immer noch seine Lehrer und ich kannte zum Glück eine Ganze Menge davon.“
Ingo Preusker, Journalist
„Und wer nur meint gut zu sein, der wird nie ganz gut, der wird Mittelmaß bleiben.“
Ingo Preusker, Journalist
„Ich will nur sagen, da sind jetzt wieder Kräfte hochgewachsen, die voll gegen meine Grundsätze
verstoßen. Ich bin ein Mensch der, die drei Grundsätze der französischen Revolution sehr
hoch achtet: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Alle drei Grundsätze werden von den
Rechten – will nicht sagen, dass die Linken davon frei sind – von den extrem Rechten mit Füßen
getreten.”
Ingo Preusker, Journalist
Nele im Interview mit ihrem Opa
Nele Ochs: Intoleranz gegenüber Toleranz, Collage
„Ich bin Vertreter der Ansicht, dass man immer gute Lehrer braucht, in allem – und zwar auch
dann, wenn man selbst schon ausgebildet (…) ist. Man braucht immer noch seine Lehrer und ich kannte zum Glück eine Ganze Menge davon.“
Ingo Preusker, Journalist
„Und wer nur meint gut zu sein, der wird nie ganz gut, der wird Mittelmaß bleiben.“
Ingo Preusker, Journalist
„Ich will nur sagen, da sind jetzt wieder Kräfte hochgewachsen, die voll gegen meine Grundsätze
verstoßen. Ich bin ein Mensch der, die drei Grundsätze der französischen Revolution sehr
hoch achtet: Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Alle drei Grundsätze werden von den
Rechten – will nicht sagen, dass die Linken davon frei sind – von den extrem Rechten mit Füßen
getreten.”
Ingo Preusker, Journalist
Mathilda im Interview mit einer Klimaaktivistin
Mathilda Fiedler: (Klima-)Aktivismus, Acrylmalerei, 40 x 29,5cm
In Vorbereitung unserer Ausstellung „Werte, Weitergabe, Solidarität- Wertevorstellungen von Schülerinnen und Schülern“ habe ich mich dazu entschieden, den Klimaktivismus von „Die Letzte Generation“ zu thematisieren.
Die Szene zeigt dich bei einer Straßenblockade in Berlin. Du sitzt auf der Straße und hältst einen Banner mit der Aufschrift „Die letzte Generation vor den Kipppunkten“, dein Blick geht direkt in Richtung der betrachtenden Person. Wie wirkt das Bild auf dich?
Das Bild wirkt auf mich ruhig und kraftvoll und so ungefähr war das in dem Moment auch, weil um einen herum ist zwar irgendwie ziemliches Chaos und es gibt Gehupe und Autos sind laut und
genau, man weiß halt jeden Moment nicht, was passiert. Aber bei uns ist es zum Glück auch ziemlich ruhig geblieben. Wir wurden nicht von der Straße gezerrt oder angegriffen – zumindest nicht körperlich. Und ja, das ist ja auch so die Stimmung, die die letzte Generation hervorrufen möchte. Also, dieses: okay, wir sitzen dort ganz ruhig und wir lassen uns eben nicht abhalten in diesem ganzen Chaos drumherum, sondern wir sitzen jetzt hier und versuchen so unsere Forderungen durchzusetzen und zu stören, um den Alltag zu unterbrechen.
Genau, ich finde, dass das Bild das ziemlich gut wiedergibt.
Wer bist du und wie bist du dazu gekommen, dich politisch bei „Die Letzte Generation“ zu engagieren?
Ich bin 25 Jahre alt, ich studiere Biologie und schreibe gerade meine Bachelor-arbeit und seit letztem Jahr im Mai engagiere ich mich bei der „Letzten Generation“. Ich habe mich schon sehr lange, schon als Kind beziehungsweise als jüngere Jugendliche, für Themen wie Nachhaltigkeit, Tierrechte und später vor allem für die drohende Klimakatastrophe interessiert und wollte mich dahingehend einsetzen. Das habe ich erstmal im eigenen Umfeld gemacht. Ich habe mein
eigenes Verhalten ganz stark geändert, war bei Demos dabei, habe Petitionen unterschrieben, diese ganzen typischen Sachen.
Irgendwann hat das nicht mehr gereicht und es hat mich sehr frustriert und ich dachte, okay, irgendwie muss man doch noch mehr machen können. Und zu dem Zeitpunkt letztes Jahr habe ich die „Letzte Generation“ schon ein bisschen länger verfolgt und fand den Umgang der Gesellschaft mit dieser Bewegung immer ungerechter – und dieses populistische Verhalten, was gegen sie eingesetzt wurde. Sie wie so eine Terrororganisation behandelt wurde und ich dachte, mich schreckt das nicht ab. Ich dachte eher: „Ich finde das so unfair.“ Ich möchte unterstützen, weil ich den Sinn dahinter sehe und dann fing
ich an, mich ein bisschen mehr zu informieren. Ich kannte die Organisation ausschließlich aus den Medien. Ich war sehr überrascht davon, wie organisiert die Bewegung von Anfang an aufgebaut wurde, wie groß die schon ist und was da so für Menschen mitmachen und dass das überhaupt gar nicht so ist, wie es eben medial aufbereitet wird.
Ja, genau und war dann erstmal ein paar Mal so mit dabei, bei Plena, bei gemeinsamen Essen, hab die Leute ein bisschen kennengelernt, hab dann erste Aufgaben übernommen und wollte erstmal nur im Hintergrund helfen, weil ich gedacht hab, dass ich mich niemals trauen werde, da irgendwie
wirklich eine Straße mit zu blockieren. Weil man damit auch wirklich ein krasses Risiko eingeht für die eigene Psyche, für die körperliche Gesundheit und eben dann auch später vorbestraft sein wird – sehr wahrscheinlich. Man mit dem polizeilichen Repressionen zu kämpfen hat, vor Gericht muss, sehr viel Geld bezahlen muss als Strafe. Und das ja dann auch nicht mehr ungeschehen machen kann und da dann nicht mehr rauskommt. Nach einem halben Jahr ungefähr habe ich mich aber dann doch dafür entschieden und habe dann an der ersten Straßenblockade teilgenommen. Und da ist auch dieses Bild entstanden.
Auch Otto Nagel wurde in jungen Jahren politisch aktiv. Schon mit 15 Jahren nahm er an der Demo zum 1. Mai teil, um sich für bessere Arbeitsbedingungen einzusetzen. „Die Letzte Generation“ fordert unsere Regierung auf, bis 2030 aus allen fossilen Brennstoffen auszusteigen. Dieses Ziel verfolgt ihr mit Hilfe von zivilem Ungehorsam. Warum ist diese Form des politischen Aktivismus deiner Meinung nach sinnvoll, um eure Forderungen durchzusetzen?
Die Klimagerechtigkeitsbewegung ist seit fünf Jahren, seit dem Start von Fridays for Future, wirklich deutschlandweit aktiv und bekannt und so, dass das Thema Klimakatastrophe an das Bewusstsein der meisten Menschen gerückt ist. Das Problem ist aber, dass der Protest, so wie er bis vor zwei Jahren war, einfach ignoriert werden kann, weil er alle halbe Jahr stattfindet auf großen, angemeldeten Demonstrationen, die man irgendwie super leicht in Schach halten kann.
Und es ist so leicht ignorierbar, dass Politiker*innen dazu aufrufen, so wie: „Ja klar, macht da mit, engagiert euch auf jeden Fall und es ist doch schön, lauft doch bei den Demos mit“. Und dann wird aber nicht gehandelt. Das, was dabei rausgekommen ist, war ein Klimapaket, was vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig eingestuft wurde. Und als das jetzt entschieden
wurde, die Antwort der Bundesregierung darauf war, dieses Paket noch weiter aufzuweichen.
Und uns läuft langsam die Zeit davon und dann muss einfach mehr gemacht werden. Ein Mittel, dies zu tun, ist eben ziviler Ungehorsam. Wir müssen so doll stören, dass es nicht mehr ignoriert werden kann, dass Leute handeln müssen, dass die Politik handeln muss.
Es geht uns nicht darum, mit diesen Straßenblockaden Autofahrer*innen, die gerade auf dem Weg zur Arbeit sind, zu blockieren, sondern es geht darum, über dieses Mittel mediale Aufmerksamkeit zu generieren und an die Politik ranzukommen.
Es gab ganz viele andere Aktionen, die es leider niemals in die Medien geschafft haben. Es wurden Pipelines abgedreht. Es gibt regelmäßig, nach wie vor,
Demonstrationen vorm Kanzleramt und Aktionen dort. Auf Sylt gab es ganz viele Aktionen gegen Superreiche. Uns wird immer gesagt: „Wendet euch doch mal an die, die wirklich schuld an dem Ganzen sind.“ Das machen wir. Es gibt Aktionen vor dem Verkehrsministerium, vor der FDP-Parteizentrale, vor der SPD-Parteizentrale. Es finden ganz ganz vielfältige Aktionen statt auf Flughäfen. Alles Mögliche. Das, was wirklich zieht, sind leider diese Straßenblockaden. Und das Ziel davon ist eigentlich, dieses ganze System ein bisschen zu
überfordern, mit diesen ganzen Strafverfahren, die eben danach kommen.
Wir stehen alle mit Namen und Gesicht zu dem, was wir da tun. Wir sind friedlich, wir schaden keinem Menschen. Klar, wir sorgen dafür, dass vielleicht mal ein Mensch zu spät zur Arbeit kommt oder irgendwas. Aber dass ist meiner persönlichen Meinung nach trotzdem legitim, weil über 99,9 Prozent der Staus, die in Deutschland alltäglich da sind, die werden nicht durch uns verursacht. Ja,
ich weiß nicht, das ist jetzt nichts Neues, dass man wegen Stau zu spät zur Arbeit kommt. Das Ziel ist halt einfach, quasi so doll zu nerven und so doll zu stören, dass irgendwann gehandelt werden muss. Und deswegen denke ich, dass es ein legitimes Mittel ist.
Das Ziel ist es, die große Forderung ist mittlerweile, bis 2030 aus allen fossilen Energieträgern – also Gas, Öl und Kohle – auszusteigen. Das ist laut Wirtschaftswissenschaftler*innen und Gesellschaftswissenschaftler*innen gesellschaftlich und technisch umsetzbar. Wir stellen keine Forderungen, die nicht realistisch sind. Die Menschen in der Politik und die Menschen in der
Wirtschaft und die Lobbyverbände, die müssen halt nur wollen. Genau, und deswegen machen wir das und stören auf diese Weise und haben diese Forderungen.
Mit eurem Protest thematisiert ihr den Klimawandel, der zukünftig die Lebensbedingungen der gesamten Menschheit beeinflussen und gefährden wird. Laut IPCC ist das 1,5-Grad-Ziel kaum noch zu erreichen und schon jetzt sind viele Regionen, überwiegend in Entwicklungsländern, direkt von der Klimakrise betroffen. Trotz dieser Entwicklungen stoßt ihr bei euren Protesten vermehrt auf Frust und Ablehnung. Wie erklärst du dir diese fehlende Solidarität?
Ich habe mich lange gefragt, was der Grund dafür ist, dass wir gesellschaftlich so unglaublich schlecht angesehen sind, dass wir so fertig gemacht werden, dass die Sprache verroht.
Wir bekommen bei Aktionen, egal ob das jetzt am Straßenrand ist oder auf der Straße bei einer Blockade, ich habe schon mehrmals gehört, dass Leute zu Polizist*innen gehen und fragen: „Warum erschießt ihr die nicht alle? Warum verscharrt ihr die nicht im Wald? Hey, lass die kleben, ich habe eine Machete im Auto.“ Der Hass ist enorm. Ich habe schon gesehen, wie Freund*innen
von mir angefahren wurden oder geschlagen wurden oder getreten oder angespuckt. Und ich denke, dass der Hintergrund, warum das so krass ist und ja anscheinend nur bei uns so krass ist, weil es gibt momentan die Bauernproteste, die nutzen genau die gleiche Strategie, die führen
ganz häufig genauso unangemeldete Straßenblockaden durch. Die werden gesellschaftlich ganz anders wahrgenommen. Und ursprünglich kam dieses ganze Ding mit dem von wegen „Klimaterroristen“,“ Klima-RAF“, das kam aus der Politik.
Das sind populistische Mittel, die gegen uns eingesetzt werden. Das ist das, wie es erstmal läuft in Widerstandsbewegungen. Also erstmal, gut, erstmal wird man ignoriert, so von wegen hey, vielleicht ein bisschen lächerlich gemacht, „Die
gehen schon von alleine weg.“ Das war ganz am Anfang bei der „Letzten Generation“ der Fall.
Irgendwann merken die Menschen: „Okay, mist, das sind jetzt doch schon ein paar mehr Leute, das funktioniert so nicht“. Und dann werden solche Mittel genutzt: Dann wird geschaut, dass man uns klein macht, dass man uns mit Repressionen überhäuft. Und schaut, dass so viel Hass gesät wird, dass die Sprache verroht. Ich finde das super bedenklich, dass so viele Leute das okay zu finden scheinen, weil dieses, also das wir täglich hören, das ist nicht mehr normal.
Ich habe so einen Hass davor noch nie erlebt. Ich find das ganz, ganz schrecklich. Und der Hass, der geht nicht nur von Autofahrer*innen aus, die wir gerade aktiv blockieren, sondern von Fußgänger*innen, von Fahrradfahrer*innen, von Menschen, die einfach da gerade irgendwie in
der Nähe sind, von der Presse zum Teil. Aber auch ganz stark von Polizist*Innen, die uns mit Schmerzgriffen von der Straße zerren, die Menschen teilweise schon Handgelenke gebrochen haben dabei, die Menschen von der Straße reißen, sodass sie dann blutige Hände haben. Das nimmt mich immer ziemlich mit, das zu sehen. Und ja, ich denke einfach, dass es
eben dieses ist. Es wird öffentlich ganz viel, ganz, ganz schlecht, über uns geredet. Es wird ganz viel über die Protestform geredet. Wir werden ziemlich schlecht dargestellt. Und dadurch haben mit der Zeit alle Menschen das Gefühl, dass das legitim ist, über uns zu sprechen und sich so uns
gegenüber zu verhalten. Genau und es ist wahrscheinlich auch leichter gegen uns zu sein, weil wenn man für uns wäre, dann müsste man ja annehmen und sich eingestehen, dass wir vor einem riesigen Problem stehen und dass unser Leben, so wie wir es gerade haben, dass das so nicht weitergehen wird.
Die Klimakrise wird erstmal Länder treffen, die irgendwie näher am Äquator sind. Wir hier werden nicht sofort die größten Probleme haben, aber bei Sachen wie im Aaltal oder jetzt auch bei den Überschwemmungen, die es um die
Weihnachtszeit gab, hat man ja gesehen, dass es uns hier genauso trifft.
Es gab letztes Jahr Golfball große Hagelkörner in Bayern. Das gab es davor nicht. Und das gab es vor allem nicht in dieser Häufigkeit. Was bei uns als erstes passieren wird, ist, dass sich gesellschaftlich und politisch was ändert. Und das merken wir gerade schon ganz doll. Und wenn man uns nicht so
hassen würde, dann müsste man sich wahrscheinlich eingestehen, dass wir wirklich vor riesigen Problemen stehen und dass wir was ändern müssen, dass es so nicht weitergehen kann.
Ich glaube, für viele Menschen ist es einfacher, unter ihrer kleinen Käseglocke zu bleiben und sich mit solchen Fragen nicht auseinanderzusetzen und das zu verdrängen. Und ja, deswegen ist dann die Reaktion eben diese, wie sie von momentan wahrscheinlich so ungefähr 80 Prozent der Gesellschaft
momentan ist.
Hast du Ängste und/oder Hoffnungen bezogen auf die Klimakrise? Und was überwiegt?
Also ich bin ein relativ rational denkender Mensch. Ich habe nicht große Angst oder so. Das war auch nicht der Grund, warum ich zur „Letzten Generation“ gekommen bin.
Ich denke mir einfach, ich habe mir die Fakten angeguckt. Ich gucke mir das an, was beim IPCC rauskommt, was dort gesagt wird, was die vom Klimaforschungsinstitut in Potsdam sagen. Schaue mir Berichte
und Studien an und schließe daraus einfach, dass wir ganz dringend was tun müssen. Und dass wir hier ein ganz, ganz großes Problem haben und ein viel größeres als uns die Politik vielleicht momentan – da wird das einfach noch ein bisschen runtergespielt, oder ein bisschen sehr. Ganz nüchtern betrachtet, der Klimawandel und seine Folgen werden kommen. Darüber sind sich alle Wissenschaftler*innen einig, was in der Wissenschaft sonst nicht passiert.
Es sind sich alle einig seit 1970, 1980, dass der menschengemachte Klimawandel real ist und dass man da was gegen machen muss und dass das so nicht weitergehen kann, dass uns das vor riesige Probleme stellen wird.
Ich hab nicht wirklich Angst. Das war für mich einfach der logische Schluss: „Okay, jetzt müssen wir was tun.“ Und ich möchte später nicht zu den Leuten gehören, die sagen: „Ach Mist, hätten wir mal.“ Selbst wenn
das hier alles überhaupt gar nicht funktioniert, möchte ich zu den Leuten gehören, die sagen können: „Okay, ich hab wirklich alles probiert.“ Oder so viel, wie es mir eben möglich war. Und zwar nicht nur, ich hab mal nach der Arbeit abends irgendwie eine Petition unterschrieben, und dann hab ich weiter Netflix geguckt, sondern: „Ich habe mich wirklich richtig eingesetzt und
richtig viel dafür gegeben, so viel, wie ich eben konnte.“ Ja, also meine Hoffnung ist derzeit: Wenn man sich gerade vor allem die politischen Entwicklungen bei uns hier im Land anguckt, nicht besonders groß, um ehrlich zu sein. Das ist für mich aber trotzdem kein Grund aufzuhören. Weil
ich mir denke, wenn man gar nichts mehr macht, dann kann man auch die Hoffnung komplett aufgeben. So haben wir zumindest noch ein kleines bisschen Hoffnung, dass sich was ändert.
Ich habe schon irgendwie dieses Bild vor Augen, dass wenn wir das mal umsetzen würden, so wie man das eben machen sollte, dann hätten wir Städte, in denen keine Autos mehr fahren oder nur noch ganz, ganz wenige, dann wäre die Luft für alle viel besser. Dann hätten wir viel mehr
Grünflächen, viel mehr Wasser in den Städten. Wir hätten gesünderes Essen. Generell eine gesündere Gesellschaft, ein gesünderes Umfeld, viel weniger Lärm einfach. Also so eigentlich ein bisschen wie eine Utopie. Und das wäre super schön. Es ist möglich, dass das passiert, auch zeitnah. Man muss nur wollen als Gesellschaft. Und es gibt auch andere Länder, die das schon sehr viel besser machen als Deutschland.
Also, Angst habe ich momentan vor allem eher vor diesen politischen Entwicklungen, was den Rechtsruck angeht. Ich habe Hoffnung – leider nicht sehr viel. Und sonst habe ich für mich einfach logisch betrachtet entschieden, dass es jetzt, in diesem Moment das Richtige ist, sich bei der „Letzten Generation“ oder generell in der Klimagerechtigkeitsbewegung zu engagieren.
Was würdest du dir persönlich von unserer Gesellschaft wünschen?
Zuallererst für die Menschen, die ich im letzten Dreivierteljahr bei der „Letzten Generation“ kennengelernt habe, würde ich mir wünschen, dass die Gesellschaft mal anfängt, selber nachzudenken und nicht auf irgendwelchen Populismus reinfällt und menschlicher wird und versucht, ein bisschen einfühlsamer zu sein und vor allem weniger gewalttätig ist. Dass sie nicht mehr grundlos friedliche Menschen angreift, das wäre schon mal gut. Und ansonsten wünsche ich mir, dass mehr Menschen anfangen, was zu tun und zwar wirklich etwas zu tun und sich einzusetzen, eben so viel, wie gerade möglich ist. Dass sich Menschen besser informieren. Mehr im Umfeld über das Thema Klimakrise und Klimakatastrophe zu sprechen. Oder das eigene Verhalten
zu ändern und vor allem auch die richtigen Wahlentscheidungen zu treffen, auf Demos zu gehen, Druck auf die Politik aufzubauen, dass sich wirklich was ändert, weil wir werden sonst alle ein riesiges Problem haben.
Wir, die Menschen in der Klimagerechtigkeitsbewegung, die sich gerade wirklich aktiv engagieren und die, ich zähle da jetzt gar nicht unbedingt dazu, bringen riesige Opfer für das, was sie dort tun. Die werden ihr Leben lang verschuldet sein, die gehen ins Gefängnis dafür. Obwohl sie nie gewalttätig waren,
obwohl sie immer friedlich waren. Die machen das für uns alle, auch für die Menschen, die sie von der Straße zerren, für die Menschen, die sie anfahren oder treten oder keine Ahnung. Und ich wünsche mir vor allem, dass Menschen mal ein bisschen mehr über den Tellerrand gucken, sich nicht irgendwie blenden lassen von dem, was manche Politiker*innen gerade sagen oder von diesen ganzen Ablenkungen, die es gibt, wie z.B. dieser totale Überkonsum, der niemanden von uns wirklich nachhaltig glücklich macht. Dass alle verstehen, was da passieren wird und dass das gar keine gute Entwicklung ist. Dass wir einfach was tun müssen.
Aus der Protestforschung weiß man, dass es ungefähr dreieinhalb Prozent braucht von der Bevölkerung, um wirklich nachhaltigen Wandel anzustoßen in einer Gesellschaft. Und ich würde mir wünschen,
dass wir nicht nur, wie jetzt gerade, ein paar tausend Menschen sind, sondern dass wir auf diese dreieinhalb Prozent kommen. Natürlich ist es bis dahin noch ein super weiter Weg und vielleicht schaffen wir das gar nicht. Keine Ahnung. Ich weiß es nicht. Es ist einfach nur ein Versuchen. Es ist gerade besser als nichts zu machen. Aber ja, letztendlich wünsche ich mir, dass mehr Menschen
mit uns auf die Straße gehen oder sich auf andere Art und Weise in der
Klimagerechtigkeitsbewegung engagieren oder auch was gegen den Rechtsruck zum Beispiel in Deutschland tun. Eben wirklich was tun und anfangen nachzudenken, sich zu informieren und einfach was für diese Gesellschaft machen und sich nicht nur die ganze Zeit ablenken lassen.
Genau das würde ich mir wünschen.
Mathilda im Interview mit einer Klimaaktivistin
Mathilda Fiedler: (Klima-)Aktivismus, Acrylmalerei, 40 x 29,5cm
In Vorbereitung unserer Ausstellung „Werte, Weitergabe, Solidarität- Wertevorstellungen von Schülerinnen und Schülern“ habe ich mich dazu entschieden, den Klimaktivismus von „Die Letzte Generation“ zu thematisieren.
Die Szene zeigt dich bei einer Straßenblockade in Berlin. Du sitzt auf der Straße und hältst einen Banner mit der Aufschrift „Die letzte Generation vor den Kipppunkten“, dein Blick geht direkt in Richtung der betrachtenden Person. Wie wirkt das Bild auf dich?
Das Bild wirkt auf mich ruhig und kraftvoll und so ungefähr war das in dem Moment auch, weil um einen herum ist zwar irgendwie ziemliches Chaos und es gibt Gehupe und Autos sind laut und
genau, man weiß halt jeden Moment nicht, was passiert. Aber bei uns ist es zum Glück auch ziemlich ruhig geblieben. Wir wurden nicht von der Straße gezerrt oder angegriffen – zumindest nicht körperlich. Und ja, das ist ja auch so die Stimmung, die die letzte Generation hervorrufen möchte. Also, dieses: okay, wir sitzen dort ganz ruhig und wir lassen uns eben nicht abhalten in diesem ganzen Chaos drumherum, sondern wir sitzen jetzt hier und versuchen so unsere Forderungen durchzusetzen und zu stören, um den Alltag zu unterbrechen.
Genau, ich finde, dass das Bild das ziemlich gut wiedergibt.
Wer bist du und wie bist du dazu gekommen, dich politisch bei „Die Letzte Generation“ zu engagieren?
Ich bin 25 Jahre alt, ich studiere Biologie und schreibe gerade meine Bachelor-arbeit und seit letztem Jahr im Mai engagiere ich mich bei der „Letzten Generation“. Ich habe mich schon sehr lange, schon als Kind beziehungsweise als jüngere Jugendliche, für Themen wie Nachhaltigkeit, Tierrechte und später vor allem für die drohende Klimakatastrophe interessiert und wollte mich dahingehend einsetzen. Das habe ich erstmal im eigenen Umfeld gemacht. Ich habe mein
eigenes Verhalten ganz stark geändert, war bei Demos dabei, habe Petitionen unterschrieben, diese ganzen typischen Sachen.
Irgendwann hat das nicht mehr gereicht und es hat mich sehr frustriert und ich dachte, okay, irgendwie muss man doch noch mehr machen können. Und zu dem Zeitpunkt letztes Jahr habe ich die „Letzte Generation“ schon ein bisschen länger verfolgt und fand den Umgang der Gesellschaft mit dieser Bewegung immer ungerechter – und dieses populistische Verhalten, was gegen sie eingesetzt wurde. Sie wie so eine Terrororganisation behandelt wurde und ich dachte, mich schreckt das nicht ab. Ich dachte eher: „Ich finde das so unfair.“ Ich möchte unterstützen, weil ich den Sinn dahinter sehe und dann fing
ich an, mich ein bisschen mehr zu informieren. Ich kannte die Organisation ausschließlich aus den Medien. Ich war sehr überrascht davon, wie organisiert die Bewegung von Anfang an aufgebaut wurde, wie groß die schon ist und was da so für Menschen mitmachen und dass das überhaupt gar nicht so ist, wie es eben medial aufbereitet wird.
Ja, genau und war dann erstmal ein paar Mal so mit dabei, bei Plena, bei gemeinsamen Essen, hab die Leute ein bisschen kennengelernt, hab dann erste Aufgaben übernommen und wollte erstmal nur im Hintergrund helfen, weil ich gedacht hab, dass ich mich niemals trauen werde, da irgendwie
wirklich eine Straße mit zu blockieren. Weil man damit auch wirklich ein krasses Risiko eingeht für die eigene Psyche, für die körperliche Gesundheit und eben dann auch später vorbestraft sein wird – sehr wahrscheinlich. Man mit dem polizeilichen Repressionen zu kämpfen hat, vor Gericht muss, sehr viel Geld bezahlen muss als Strafe. Und das ja dann auch nicht mehr ungeschehen machen kann und da dann nicht mehr rauskommt. Nach einem halben Jahr ungefähr habe ich mich aber dann doch dafür entschieden und habe dann an der ersten Straßenblockade teilgenommen. Und da ist auch dieses Bild entstanden.
Auch Otto Nagel wurde in jungen Jahren politisch aktiv. Schon mit 15 Jahren nahm er an der Demo zum 1. Mai teil, um sich für bessere Arbeitsbedingungen einzusetzen. „Die Letzte Generation“ fordert unsere Regierung auf, bis 2030 aus allen fossilen Brennstoffen auszusteigen. Dieses Ziel verfolgt ihr mit Hilfe von zivilem Ungehorsam. Warum ist diese Form des politischen Aktivismus deiner Meinung nach sinnvoll, um eure Forderungen durchzusetzen?
Die Klimagerechtigkeitsbewegung ist seit fünf Jahren, seit dem Start von Fridays for Future, wirklich deutschlandweit aktiv und bekannt und so, dass das Thema Klimakatastrophe an das Bewusstsein der meisten Menschen gerückt ist. Das Problem ist aber, dass der Protest, so wie er bis vor zwei Jahren war, einfach ignoriert werden kann, weil er alle halbe Jahr stattfindet auf großen, angemeldeten Demonstrationen, die man irgendwie super leicht in Schach halten kann.
Und es ist so leicht ignorierbar, dass Politiker*innen dazu aufrufen, so wie: „Ja klar, macht da mit, engagiert euch auf jeden Fall und es ist doch schön, lauft doch bei den Demos mit“. Und dann wird aber nicht gehandelt. Das, was dabei rausgekommen ist, war ein Klimapaket, was vom Bundesverfassungsgericht als verfassungswidrig eingestuft wurde. Und als das jetzt entschieden
wurde, die Antwort der Bundesregierung darauf war, dieses Paket noch weiter aufzuweichen.
Und uns läuft langsam die Zeit davon und dann muss einfach mehr gemacht werden. Ein Mittel, dies zu tun, ist eben ziviler Ungehorsam. Wir müssen so doll stören, dass es nicht mehr ignoriert werden kann, dass Leute handeln müssen, dass die Politik handeln muss.
Es geht uns nicht darum, mit diesen Straßenblockaden Autofahrer*innen, die gerade auf dem Weg zur Arbeit sind, zu blockieren, sondern es geht darum, über dieses Mittel mediale Aufmerksamkeit zu generieren und an die Politik ranzukommen.
Es gab ganz viele andere Aktionen, die es leider niemals in die Medien geschafft haben. Es wurden Pipelines abgedreht. Es gibt regelmäßig, nach wie vor,
Demonstrationen vorm Kanzleramt und Aktionen dort. Auf Sylt gab es ganz viele Aktionen gegen Superreiche. Uns wird immer gesagt: „Wendet euch doch mal an die, die wirklich schuld an dem Ganzen sind.“ Das machen wir. Es gibt Aktionen vor dem Verkehrsministerium, vor der FDP-Parteizentrale, vor der SPD-Parteizentrale. Es finden ganz ganz vielfältige Aktionen statt auf Flughäfen. Alles Mögliche. Das, was wirklich zieht, sind leider diese Straßenblockaden. Und das Ziel davon ist eigentlich, dieses ganze System ein bisschen zu
überfordern, mit diesen ganzen Strafverfahren, die eben danach kommen.
Wir stehen alle mit Namen und Gesicht zu dem, was wir da tun. Wir sind friedlich, wir schaden keinem Menschen. Klar, wir sorgen dafür, dass vielleicht mal ein Mensch zu spät zur Arbeit kommt oder irgendwas. Aber dass ist meiner persönlichen Meinung nach trotzdem legitim, weil über 99,9 Prozent der Staus, die in Deutschland alltäglich da sind, die werden nicht durch uns verursacht. Ja,
ich weiß nicht, das ist jetzt nichts Neues, dass man wegen Stau zu spät zur Arbeit kommt. Das Ziel ist halt einfach, quasi so doll zu nerven und so doll zu stören, dass irgendwann gehandelt werden muss. Und deswegen denke ich, dass es ein legitimes Mittel ist.
Das Ziel ist es, die große Forderung ist mittlerweile, bis 2030 aus allen fossilen Energieträgern – also Gas, Öl und Kohle – auszusteigen. Das ist laut Wirtschaftswissenschaftler*innen und Gesellschaftswissenschaftler*innen gesellschaftlich und technisch umsetzbar. Wir stellen keine Forderungen, die nicht realistisch sind. Die Menschen in der Politik und die Menschen in der
Wirtschaft und die Lobbyverbände, die müssen halt nur wollen. Genau, und deswegen machen wir das und stören auf diese Weise und haben diese Forderungen.
Mit eurem Protest thematisiert ihr den Klimawandel, der zukünftig die Lebensbedingungen der gesamten Menschheit beeinflussen und gefährden wird. Laut IPCC ist das 1,5-Grad-Ziel kaum noch zu erreichen und schon jetzt sind viele Regionen, überwiegend in Entwicklungsländern, direkt von der Klimakrise betroffen. Trotz dieser Entwicklungen stoßt ihr bei euren Protesten vermehrt auf Frust und Ablehnung. Wie erklärst du dir diese fehlende Solidarität?
Ich habe mich lange gefragt, was der Grund dafür ist, dass wir gesellschaftlich so unglaublich schlecht angesehen sind, dass wir so fertig gemacht werden, dass die Sprache verroht.
Wir bekommen bei Aktionen, egal ob das jetzt am Straßenrand ist oder auf der Straße bei einer Blockade, ich habe schon mehrmals gehört, dass Leute zu Polizist*innen gehen und fragen: „Warum erschießt ihr die nicht alle? Warum verscharrt ihr die nicht im Wald? Hey, lass die kleben, ich habe eine Machete im Auto.“ Der Hass ist enorm. Ich habe schon gesehen, wie Freund*innen
von mir angefahren wurden oder geschlagen wurden oder getreten oder angespuckt. Und ich denke, dass der Hintergrund, warum das so krass ist und ja anscheinend nur bei uns so krass ist, weil es gibt momentan die Bauernproteste, die nutzen genau die gleiche Strategie, die führen
ganz häufig genauso unangemeldete Straßenblockaden durch. Die werden gesellschaftlich ganz anders wahrgenommen. Und ursprünglich kam dieses ganze Ding mit dem von wegen „Klimaterroristen“,“ Klima-RAF“, das kam aus der Politik.
Das sind populistische Mittel, die gegen uns eingesetzt werden. Das ist das, wie es erstmal läuft in Widerstandsbewegungen. Also erstmal, gut, erstmal wird man ignoriert, so von wegen hey, vielleicht ein bisschen lächerlich gemacht, „Die
gehen schon von alleine weg.“ Das war ganz am Anfang bei der „Letzten Generation“ der Fall.
Irgendwann merken die Menschen: „Okay, mist, das sind jetzt doch schon ein paar mehr Leute, das funktioniert so nicht“. Und dann werden solche Mittel genutzt: Dann wird geschaut, dass man uns klein macht, dass man uns mit Repressionen überhäuft. Und schaut, dass so viel Hass gesät wird, dass die Sprache verroht. Ich finde das super bedenklich, dass so viele Leute das okay zu finden scheinen, weil dieses, also das wir täglich hören, das ist nicht mehr normal.
Ich habe so einen Hass davor noch nie erlebt. Ich find das ganz, ganz schrecklich. Und der Hass, der geht nicht nur von Autofahrer*innen aus, die wir gerade aktiv blockieren, sondern von Fußgänger*innen, von Fahrradfahrer*innen, von Menschen, die einfach da gerade irgendwie in
der Nähe sind, von der Presse zum Teil. Aber auch ganz stark von Polizist*Innen, die uns mit Schmerzgriffen von der Straße zerren, die Menschen teilweise schon Handgelenke gebrochen haben dabei, die Menschen von der Straße reißen, sodass sie dann blutige Hände haben. Das nimmt mich immer ziemlich mit, das zu sehen. Und ja, ich denke einfach, dass es
eben dieses ist. Es wird öffentlich ganz viel, ganz, ganz schlecht, über uns geredet. Es wird ganz viel über die Protestform geredet. Wir werden ziemlich schlecht dargestellt. Und dadurch haben mit der Zeit alle Menschen das Gefühl, dass das legitim ist, über uns zu sprechen und sich so uns
gegenüber zu verhalten. Genau und es ist wahrscheinlich auch leichter gegen uns zu sein, weil wenn man für uns wäre, dann müsste man ja annehmen und sich eingestehen, dass wir vor einem riesigen Problem stehen und dass unser Leben, so wie wir es gerade haben, dass das so nicht weitergehen wird.
Die Klimakrise wird erstmal Länder treffen, die irgendwie näher am Äquator sind. Wir hier werden nicht sofort die größten Probleme haben, aber bei Sachen wie im Aaltal oder jetzt auch bei den Überschwemmungen, die es um die
Weihnachtszeit gab, hat man ja gesehen, dass es uns hier genauso trifft.
Es gab letztes Jahr Golfball große Hagelkörner in Bayern. Das gab es davor nicht. Und das gab es vor allem nicht in dieser Häufigkeit. Was bei uns als erstes passieren wird, ist, dass sich gesellschaftlich und politisch was ändert. Und das merken wir gerade schon ganz doll. Und wenn man uns nicht so
hassen würde, dann müsste man sich wahrscheinlich eingestehen, dass wir wirklich vor riesigen Problemen stehen und dass wir was ändern müssen, dass es so nicht weitergehen kann.
Ich glaube, für viele Menschen ist es einfacher, unter ihrer kleinen Käseglocke zu bleiben und sich mit solchen Fragen nicht auseinanderzusetzen und das zu verdrängen. Und ja, deswegen ist dann die Reaktion eben diese, wie sie von momentan wahrscheinlich so ungefähr 80 Prozent der Gesellschaft
momentan ist.
Hast du Ängste und/oder Hoffnungen bezogen auf die Klimakrise? Und was überwiegt?
Also ich bin ein relativ rational denkender Mensch. Ich habe nicht große Angst oder so. Das war auch nicht der Grund, warum ich zur „Letzten Generation“ gekommen bin.
Ich denke mir einfach, ich habe mir die Fakten angeguckt. Ich gucke mir das an, was beim IPCC rauskommt, was dort gesagt wird, was die vom Klimaforschungsinstitut in Potsdam sagen. Schaue mir Berichte
und Studien an und schließe daraus einfach, dass wir ganz dringend was tun müssen. Und dass wir hier ein ganz, ganz großes Problem haben und ein viel größeres als uns die Politik vielleicht momentan – da wird das einfach noch ein bisschen runtergespielt, oder ein bisschen sehr. Ganz nüchtern betrachtet, der Klimawandel und seine Folgen werden kommen. Darüber sind sich alle Wissenschaftler*innen einig, was in der Wissenschaft sonst nicht passiert.
Es sind sich alle einig seit 1970, 1980, dass der menschengemachte Klimawandel real ist und dass man da was gegen machen muss und dass das so nicht weitergehen kann, dass uns das vor riesige Probleme stellen wird.
Ich hab nicht wirklich Angst. Das war für mich einfach der logische Schluss: „Okay, jetzt müssen wir was tun.“ Und ich möchte später nicht zu den Leuten gehören, die sagen: „Ach Mist, hätten wir mal.“ Selbst wenn
das hier alles überhaupt gar nicht funktioniert, möchte ich zu den Leuten gehören, die sagen können: „Okay, ich hab wirklich alles probiert.“ Oder so viel, wie es mir eben möglich war. Und zwar nicht nur, ich hab mal nach der Arbeit abends irgendwie eine Petition unterschrieben, und dann hab ich weiter Netflix geguckt, sondern: „Ich habe mich wirklich richtig eingesetzt und
richtig viel dafür gegeben, so viel, wie ich eben konnte.“ Ja, also meine Hoffnung ist derzeit: Wenn man sich gerade vor allem die politischen Entwicklungen bei uns hier im Land anguckt, nicht besonders groß, um ehrlich zu sein. Das ist für mich aber trotzdem kein Grund aufzuhören. Weil
ich mir denke, wenn man gar nichts mehr macht, dann kann man auch die Hoffnung komplett aufgeben. So haben wir zumindest noch ein kleines bisschen Hoffnung, dass sich was ändert.
Ich habe schon irgendwie dieses Bild vor Augen, dass wenn wir das mal umsetzen würden, so wie man das eben machen sollte, dann hätten wir Städte, in denen keine Autos mehr fahren oder nur noch ganz, ganz wenige, dann wäre die Luft für alle viel besser. Dann hätten wir viel mehr
Grünflächen, viel mehr Wasser in den Städten. Wir hätten gesünderes Essen. Generell eine gesündere Gesellschaft, ein gesünderes Umfeld, viel weniger Lärm einfach. Also so eigentlich ein bisschen wie eine Utopie. Und das wäre super schön. Es ist möglich, dass das passiert, auch zeitnah. Man muss nur wollen als Gesellschaft. Und es gibt auch andere Länder, die das schon sehr viel besser machen als Deutschland.
Also, Angst habe ich momentan vor allem eher vor diesen politischen Entwicklungen, was den Rechtsruck angeht. Ich habe Hoffnung – leider nicht sehr viel. Und sonst habe ich für mich einfach logisch betrachtet entschieden, dass es jetzt, in diesem Moment das Richtige ist, sich bei der „Letzten Generation“ oder generell in der Klimagerechtigkeitsbewegung zu engagieren.
Was würdest du dir persönlich von unserer Gesellschaft wünschen?
Zuallererst für die Menschen, die ich im letzten Dreivierteljahr bei der „Letzten Generation“ kennengelernt habe, würde ich mir wünschen, dass die Gesellschaft mal anfängt, selber nachzudenken und nicht auf irgendwelchen Populismus reinfällt und menschlicher wird und versucht, ein bisschen einfühlsamer zu sein und vor allem weniger gewalttätig ist. Dass sie nicht mehr grundlos friedliche Menschen angreift, das wäre schon mal gut. Und ansonsten wünsche ich mir, dass mehr Menschen anfangen, was zu tun und zwar wirklich etwas zu tun und sich einzusetzen, eben so viel, wie gerade möglich ist. Dass sich Menschen besser informieren. Mehr im Umfeld über das Thema Klimakrise und Klimakatastrophe zu sprechen. Oder das eigene Verhalten
zu ändern und vor allem auch die richtigen Wahlentscheidungen zu treffen, auf Demos zu gehen, Druck auf die Politik aufzubauen, dass sich wirklich was ändert, weil wir werden sonst alle ein riesiges Problem haben.
Wir, die Menschen in der Klimagerechtigkeitsbewegung, die sich gerade wirklich aktiv engagieren und die, ich zähle da jetzt gar nicht unbedingt dazu, bringen riesige Opfer für das, was sie dort tun. Die werden ihr Leben lang verschuldet sein, die gehen ins Gefängnis dafür. Obwohl sie nie gewalttätig waren,
obwohl sie immer friedlich waren. Die machen das für uns alle, auch für die Menschen, die sie von der Straße zerren, für die Menschen, die sie anfahren oder treten oder keine Ahnung. Und ich wünsche mir vor allem, dass Menschen mal ein bisschen mehr über den Tellerrand gucken, sich nicht irgendwie blenden lassen von dem, was manche Politiker*innen gerade sagen oder von diesen ganzen Ablenkungen, die es gibt, wie z.B. dieser totale Überkonsum, der niemanden von uns wirklich nachhaltig glücklich macht. Dass alle verstehen, was da passieren wird und dass das gar keine gute Entwicklung ist. Dass wir einfach was tun müssen.
Aus der Protestforschung weiß man, dass es ungefähr dreieinhalb Prozent braucht von der Bevölkerung, um wirklich nachhaltigen Wandel anzustoßen in einer Gesellschaft. Und ich würde mir wünschen,
dass wir nicht nur, wie jetzt gerade, ein paar tausend Menschen sind, sondern dass wir auf diese dreieinhalb Prozent kommen. Natürlich ist es bis dahin noch ein super weiter Weg und vielleicht schaffen wir das gar nicht. Keine Ahnung. Ich weiß es nicht. Es ist einfach nur ein Versuchen. Es ist gerade besser als nichts zu machen. Aber ja, letztendlich wünsche ich mir, dass mehr Menschen
mit uns auf die Straße gehen oder sich auf andere Art und Weise in der
Klimagerechtigkeitsbewegung engagieren oder auch was gegen den Rechtsruck zum Beispiel in Deutschland tun. Eben wirklich was tun und anfangen nachzudenken, sich zu informieren und einfach was für diese Gesellschaft machen und sich nicht nur die ganze Zeit ablenken lassen.
Genau das würde ich mir wünschen.
Kunst-Kurs im Interview mit Axel Matthies
Portraitfoto von Axel Matthies, Mitglied Freunde Schloss Biesdorf e.V., 2024
Unter Arbeitern gibt es nur eins: Solidarität, unbedingtes Einstehen füreinander, einander immer helfen, und nie jemanden fallen lassen. (…) Otto Nagel stellt die Menschen einfach so dar, wie sie sind, wie sie leben, und dass er dann sagt, so kann das Leben nicht weiter gehen.
Axel Matthies, Freunde Schloss Biesdorf e.V.
Die Solidarität ist zu Nagels Zeiten natürlich, da es den Menschen nicht gut ging. […] Wenn man in solchen Verhältnissen lebt, dann hält man automatisch zusammen. […] Die Not, die Umstände zwangen solidarisch zu sein.
Axel Matthies, Freunde Schloss Biesdorf e.V.
Die Problemlage heute ist nicht so unmittelbar. (…) Die Probleme sind völlig andere. Man muss gemeinsame Ziele formulieren. Man hat etwas „Feindliches“, gegen das man sich verbünden kann. Es muss etwas Gemeinsames gefunden werden.
Alle Klimaforscher (…) sagen, wir rasen da in einer abgrundtiefen Geschwindigkeit auf etwas zu, wo wir nicht wissen, was hinten dabei rauskommt. Ich kann nur sagen: Man sollte, ohne dass sich alle dabei festkleben müssen, (…) gemeinsam Wege finden, um sich zum Klimawandel zu positionieren, sodass man wirklich etwas Sinnvolles tut, um das 1,5°-Ziel zu erreichen.
Axel Matthies, Freunde Schloss Biesdorf e.V.
Kunst-Kurs im Interview mit Axel Matthies
Portraitfoto von Axel Matthies, Mitglied Freunde Schloss Biesdorf e.V., 2024
Unter Arbeitern gibt es nur eins: Solidarität, unbedingtes Einstehen füreinander, einander immer helfen, und nie jemanden fallen lassen. (…) Otto Nagel stellt die Menschen einfach so dar, wie sie sind, wie sie leben, und dass er dann sagt, so kann das Leben nicht weiter gehen.
Axel Matthies, Freunde Schloss Biesdorf e.V.
Die Solidarität ist zu Nagels Zeiten natürlich, da es den Menschen nicht gut ging. […] Wenn man in solchen Verhältnissen lebt, dann hält man automatisch zusammen. […] Die Not, die Umstände zwangen solidarisch zu sein.
Axel Matthies, Freunde Schloss Biesdorf e.V.
Die Problemlage heute ist nicht so unmittelbar. (…) Die Probleme sind völlig andere. Man muss gemeinsame Ziele formulieren. Man hat etwas „Feindliches“, gegen das man sich verbünden kann. Es muss etwas Gemeinsames gefunden werden.
Alle Klimaforscher (…) sagen, wir rasen da in einer abgrundtiefen Geschwindigkeit auf etwas zu, wo wir nicht wissen, was hinten dabei rauskommt. Ich kann nur sagen: Man sollte, ohne dass sich alle dabei festkleben müssen, (…) gemeinsam Wege finden, um sich zum Klimawandel zu positionieren, sodass man wirklich etwas Sinnvolles tut, um das 1,5°-Ziel zu erreichen.
Axel Matthies, Freunde Schloss Biesdorf e.V.
Liviana im Interview mit ihrer Oma
Liviana Marcusson: Verloren, Acrylmalerei, 37,5 x 29,5cm
Werte sind grundsätzliche Überzeugungen und Prinzipien, die unser Denken, Handeln und Verhalten beeinflussen. Sie dienen als Richtlinien, die uns helfen, Entscheidungen zu treffen, Prioritäten zu setzen und unser Verhalten in verschiedenen Situationen zu gestalten.
Werte können persönlich sein und individuelle Überzeugungen widerspiegeln, aber sie können auch gesellschaftlich, kulturell oder moralisch geprägt sein. Sie bilden die Grundlage für unser Verständnis von Gut und Böse, beeinflussen zwischenmenschliche Beziehungen und tragen zur Formung unserer Identität bei. Werte sind somit essentielle Elemente, die unser Leben in vielfältiger Weise prägen.
Im Leistungskurs Kunst beschäftige ich mich seit Monaten mit dem Thema Solidarität. Ein Ergebnis meiner Arbeit ist die Acrylmalerei „Verloren“. Im Vordergrund steht eine traurig am Betrachter vorbeiblickende Person. Die expressive Malweise verstärkt die gefühlsgeladene Wirkung. Im Hintergrund erstreckt sich eine Stadtlandschaft, dominiert von kühlen Türkis- und Blautönen, die eine Atmosphäre der Distanz und Kälte schaffen. Der Regen spiegelt nicht nur das Wetter, sondern auch den emotionalen Tiefgang wider. Die Komposition zeigt zahlreiche Menschen ohne Gesichter in schwarzer Kleidung. Jede einzelne Gestalt scheint in ihrer eigenen Welt gefangen zu sein.
Dieses Bild soll dazu einladen, über die Bedeutung von Solidarität nachzudenken, indem es expressiv die Einsamkeit inmitten einer Menschenmenge und die Sehnsucht nach Zusammenhalt in einer kalten Umgebung darstellt.
Liviana im Interview mit ihrer Oma
Liviana Marcusson: Verloren, Acrylmalerei, 37,5 x 29,5cm
Werte sind grundsätzliche Überzeugungen und Prinzipien, die unser Denken, Handeln und Verhalten beeinflussen. Sie dienen als Richtlinien, die uns helfen, Entscheidungen zu treffen, Prioritäten zu setzen und unser Verhalten in verschiedenen Situationen zu gestalten.
Werte können persönlich sein und individuelle Überzeugungen widerspiegeln, aber sie können auch gesellschaftlich, kulturell oder moralisch geprägt sein. Sie bilden die Grundlage für unser Verständnis von Gut und Böse, beeinflussen zwischenmenschliche Beziehungen und tragen zur Formung unserer Identität bei. Werte sind somit essentielle Elemente, die unser Leben in vielfältiger Weise prägen.
Im Leistungskurs Kunst beschäftige ich mich seit Monaten mit dem Thema Solidarität. Ein Ergebnis meiner Arbeit ist die Acrylmalerei „Verloren“. Im Vordergrund steht eine traurig am Betrachter vorbeiblickende Person. Die expressive Malweise verstärkt die gefühlsgeladene Wirkung. Im Hintergrund erstreckt sich eine Stadtlandschaft, dominiert von kühlen Türkis- und Blautönen, die eine Atmosphäre der Distanz und Kälte schaffen. Der Regen spiegelt nicht nur das Wetter, sondern auch den emotionalen Tiefgang wider. Die Komposition zeigt zahlreiche Menschen ohne Gesichter in schwarzer Kleidung. Jede einzelne Gestalt scheint in ihrer eigenen Welt gefangen zu sein.
Dieses Bild soll dazu einladen, über die Bedeutung von Solidarität nachzudenken, indem es expressiv die Einsamkeit inmitten einer Menschenmenge und die Sehnsucht nach Zusammenhalt in einer kalten Umgebung darstellt.
Laura und ein Freund
Laura Kockert: Ignoranz der Gesellschaft, Acrylmalerei, 37,5 x 29,5cm
Mit dem Bild erinnere ich mich an die Situation, in der ich gemeinsam mit einem Freund einen Obdachlosen mit einem Hund in der Kälte sitzen sah und wir ihm etwas Geld und Essen gegeben haben. Ich nutzte diese Situation als Inspiration für meine Semesterarbeit, die sich mit dem Wert der Solidarität auseinandersetzt. Genauer gesagt basierte mein Werk auf dem Mangel an Solidarität und der Ignoranz der
Gesellschaft gegenüber Leid und Armut – besonders in Berlin.
Auf meinem Werk ist ein Obdachloser zu sehen, der mit einem Hund in seinem Schoß vor dem U-Bahnhof Friedrichstraße sitzt. Im Hintergrund ist eine Frau dargestellt, die sich abwendet und einer Werbetafel zuwendet.
Den Wert der Solidarität vertrat auch Otto Nagel in seinen Werken. Er stellte als Arbeitermaler vor allem die Arbeiterschicht dar, das Elend in Berlin und Menschen, wie Prostituierte, Bettler oder Asylanten, die von Armut betroffen waren, um Aufmerksamkeit zu erregen. Dabei schaffte er es über die Abbildung einer Person eine ganze Personengruppe darzustellen.
Mein Werk ist von Otto Nagels Werken und vor allem seinen Bildaussagen zum Thema Armut in Berlin inspiriert. Wie zuvor erwähnt, habe ich versucht, die fehlende Solidarität als meine zentrale Bildaussage darzustellen. Diesen Wert sollen vor allem die kühlen Farben, aber auch die Haltung, die Mimik und die Gestik des Obdachlosen – diese gekrümmte, schützende Haltung – vermitteln. Aber natürlich auch die Frau im Hintergrund, die sich abwendet und ihn komplett ignoriert.
Laura und ein Freund
Laura Kockert: Ignoranz der Gesellschaft, Acrylmalerei, 37,5 x 29,5cm
Mit dem Bild erinnere ich mich an die Situation, in der ich gemeinsam mit einem Freund einen Obdachlosen mit einem Hund in der Kälte sitzen sah und wir ihm etwas Geld und Essen gegeben haben. Ich nutzte diese Situation als Inspiration für meine Semesterarbeit, die sich mit dem Wert der Solidarität auseinandersetzt. Genauer gesagt basierte mein Werk auf dem Mangel an Solidarität und der Ignoranz der
Gesellschaft gegenüber Leid und Armut – besonders in Berlin.
Auf meinem Werk ist ein Obdachloser zu sehen, der mit einem Hund in seinem Schoß vor dem U-Bahnhof Friedrichstraße sitzt. Im Hintergrund ist eine Frau dargestellt, die sich abwendet und einer Werbetafel zuwendet.
Den Wert der Solidarität vertrat auch Otto Nagel in seinen Werken. Er stellte als Arbeitermaler vor allem die Arbeiterschicht dar, das Elend in Berlin und Menschen, wie Prostituierte, Bettler oder Asylanten, die von Armut betroffen waren, um Aufmerksamkeit zu erregen. Dabei schaffte er es über die Abbildung einer Person eine ganze Personengruppe darzustellen.
Mein Werk ist von Otto Nagels Werken und vor allem seinen Bildaussagen zum Thema Armut in Berlin inspiriert. Wie zuvor erwähnt, habe ich versucht, die fehlende Solidarität als meine zentrale Bildaussage darzustellen. Diesen Wert sollen vor allem die kühlen Farben, aber auch die Haltung, die Mimik und die Gestik des Obdachlosen – diese gekrümmte, schützende Haltung – vermitteln. Aber natürlich auch die Frau im Hintergrund, die sich abwendet und ihn komplett ignoriert.
Carla im Interview mit ihrer Oma
Carla M. Bösel: Zorn, Acrylmalerei, 41,5 x 29,5cm
Nach Lea Susemichel (deutsche Journalistin) wird Solidarität durch Emotionen ausgedrückt und geleitet, wobei vor allem negative Gefühle als Motor von Solidarität dienen. Auf dem Bild ist eine deutliche Unruhe der Person erkennbar, ebenso wie ein ernster Blick und Wut. Durch fehlende Solidarität können negative Gefühle hervorgerufen werden, was ich hier darstellen wollte.
Gab es Situationen in deinem Leben, in denen du fehlende Solidarität erlebt hast? Wenn ja, wie erging es dir dabei?
Ja, da erinnere ich mich an eine Situation, aber ich war damals noch ein Kind, neun Jahre alt. Zu jener Zeit gab es die Mauer durch Berlin noch nicht; die wurde erst 1961 errichtet. 1960 war ich mit meinem Vater in Westberlin unterwegs; damals konnte man noch hin und her fahren. Wir besuchten gute Bekannte im amerikanischen Sektor von Westberlin, an den genauen Stadtteil kann ich mich nicht erinnern. Als wir von dort nach Hause fahren wollten, kamen wir am Zoologischen Garten an. Dort wurde mein Vater von einigen Jugendlichen, die nicht wussten, wohin mit ihrer Stärke, verbal angegriffen. Der Angriff zielte auf sein Äußeres ab. Mein Vater war im Krieg schwer verwundet worden und hatte eine entstellende Narbe im Gesicht. Die Jugendlichen pöbelten ihn an und versuchten, handgreiflich zu werden. Ich stand neben ihm, und als sie auf uns zukamen und ihn zu schlagen versuchten, schrie ich laut. Das machte Polizisten aufmerksam, die fragten, was los sei. Die Menschenmenge ging daraufhin auseinander, ohne ein Wort zu sagen. Mein Vater nutzte die Pause, zog mich an der Hand zum Bahnhof, und wir flüchteten in die S-Bahn nach Hause. Das Ereignis hat mich tief geprägt.
Das klingt heftig. Aber ich glaube, das ist oft so: Wenn viele Menschen zusammen sind, macht niemand etwas, weil jeder denkt, andere könnten eingreifen.
Genau, niemand hat etwas unternommen. Es waren mehr Leute da als die drei Jugendlichen, die sich über meinen Vater lustig machten. Das Erlebnis ist mir in tiefer Erinnerung geblieben.
Wie beurteilst du die Rolle von Solidarität in der heutigen Gesellschaft?
Ich sehe Solidarität in der heutigen Gesellschaft nach wie vor als wichtig an. Wenn es konkrete Situationen gibt, in denen man der Meinung ist, eingreifen zu können, dann tun die Leute das auch. Nicht immer, denn es hängt auch davon ab, wie stark sich jemand fühlt, eingreifen zu können. Viele haben allerdings Angst und gehen Konflikten lieber aus dem Weg. Das wird sogar von der Polizei so empfohlen, gefährlichen Situationen auszuweichen.
Aber wenn es darum geht, einem Nachbarn zu helfen, sehe ich das schon. Ich zum Beispiel helfe meinen Nachbarn, die aus der Ukraine stammen, bei kleinen Dingen, und der neunjährige Sohn versucht, ebenfalls mir zu helfen.
Dann haben wir hier im Haus eine ältere Dame, die mit einem Rollator unterwegs ist. Sie hat von vielen Leuten die Telefonnummern und ruft an, wenn sie Hilfe braucht. Das funktioniert hier eigentlich ganz gut.
Aber nicht alle Hausbewohner helfen. Das liegt auch daran, dass die Leute einfach keine Zeit haben. Wer von morgens bis abends arbeitet, hat abends keine Zeit mehr, sich um andere zu kümmern.
Carla im Interview mit ihrer Oma
Carla M. Bösel: Zorn, Acrylmalerei, 41,5 x 29,5cm
Nach Lea Susemichel (deutsche Journalistin) wird Solidarität durch Emotionen ausgedrückt und geleitet, wobei vor allem negative Gefühle als Motor von Solidarität dienen. Auf dem Bild ist eine deutliche Unruhe der Person erkennbar, ebenso wie ein ernster Blick und Wut. Durch fehlende Solidarität können negative Gefühle hervorgerufen werden, was ich hier darstellen wollte.
Gab es Situationen in deinem Leben, in denen du fehlende Solidarität erlebt hast? Wenn ja, wie erging es dir dabei?
Ja, da erinnere ich mich an eine Situation, aber ich war damals noch ein Kind, neun Jahre alt. Zu jener Zeit gab es die Mauer durch Berlin noch nicht; die wurde erst 1961 errichtet. 1960 war ich mit meinem Vater in Westberlin unterwegs; damals konnte man noch hin und her fahren. Wir besuchten gute Bekannte im amerikanischen Sektor von Westberlin, an den genauen Stadtteil kann ich mich nicht erinnern. Als wir von dort nach Hause fahren wollten, kamen wir am Zoologischen Garten an. Dort wurde mein Vater von einigen Jugendlichen, die nicht wussten, wohin mit ihrer Stärke, verbal angegriffen. Der Angriff zielte auf sein Äußeres ab. Mein Vater war im Krieg schwer verwundet worden und hatte eine entstellende Narbe im Gesicht. Die Jugendlichen pöbelten ihn an und versuchten, handgreiflich zu werden. Ich stand neben ihm, und als sie auf uns zukamen und ihn zu schlagen versuchten, schrie ich laut. Das machte Polizisten aufmerksam, die fragten, was los sei. Die Menschenmenge ging daraufhin auseinander, ohne ein Wort zu sagen. Mein Vater nutzte die Pause, zog mich an der Hand zum Bahnhof, und wir flüchteten in die S-Bahn nach Hause. Das Ereignis hat mich tief geprägt.
Das klingt heftig. Aber ich glaube, das ist oft so: Wenn viele Menschen zusammen sind, macht niemand etwas, weil jeder denkt, andere könnten eingreifen.
Genau, niemand hat etwas unternommen. Es waren mehr Leute da als die drei Jugendlichen, die sich über meinen Vater lustig machten. Das Erlebnis ist mir in tiefer Erinnerung geblieben.
Wie beurteilst du die Rolle von Solidarität in der heutigen Gesellschaft?
Ich sehe Solidarität in der heutigen Gesellschaft nach wie vor als wichtig an. Wenn es konkrete Situationen gibt, in denen man der Meinung ist, eingreifen zu können, dann tun die Leute das auch. Nicht immer, denn es hängt auch davon ab, wie stark sich jemand fühlt, eingreifen zu können. Viele haben allerdings Angst und gehen Konflikten lieber aus dem Weg. Das wird sogar von der Polizei so empfohlen, gefährlichen Situationen auszuweichen.
Aber wenn es darum geht, einem Nachbarn zu helfen, sehe ich das schon. Ich zum Beispiel helfe meinen Nachbarn, die aus der Ukraine stammen, bei kleinen Dingen, und der neunjährige Sohn versucht, ebenfalls mir zu helfen.
Dann haben wir hier im Haus eine ältere Dame, die mit einem Rollator unterwegs ist. Sie hat von vielen Leuten die Telefonnummern und ruft an, wenn sie Hilfe braucht. Das funktioniert hier eigentlich ganz gut.
Aber nicht alle Hausbewohner helfen. Das liegt auch daran, dass die Leute einfach keine Zeit haben. Wer von morgens bis abends arbeitet, hat abends keine Zeit mehr, sich um andere zu kümmern.
Nina im Interview mit ihren Sportsfreundinnen Lucy und Frieda
Nina: Im Rampenlicht, Acrylmalerei, 30 x 29,5cm
Nina im Interview mit ihren Sportsfreundinnen Lucy und Frieda
Nina: Im Rampenlicht, Acrylmalerei, 30 x 29,5cm
Josefine im Interview mit ihrer Oma
Josefine Leek: Loslassen, Acrylmalerei, 41,5 x 29,5cm
Josefine im Interview mit ihrer Oma
Josefine Leek: Loslassen, Acrylmalerei, 41,5 x 29,5cm
Angelika im Interview mit ihrer Mutter
Angelika Herzog: Mutterliebe, Acrylmalerei, 41,5 x 29,5cm
Danke Mama, dass ich das Interview mit dir führen darf. Kannst du dich bitte einmal kurz vorstellen: Wer bist du, wo kommst du her und was machst du?
Ich freue mich auf das Interview mit dir. Mein Name ist Helena Herzog, ich komme aus Russland, und ich bin seit 23 Jahren in Berlin. Ich arbeite derzeit im Abgeordnetenhaus für den Petitionsausschuss als Referentin, bin verheiratet und habe zwei wunderschöne Töchter.
Du bist zur Jahrhundertwende von Russland nach Deutschland gekommen. Wie hat dich das denn beeinflusst?
Das war die Zeit vieler Veränderungen, gerade in Russland und auch in meinem Leben. Ich habe mein Studium in Russland abgebrochen und bin mit meinen Eltern und meinem Bruder nach Deutschland gekommen. So musste ich mit fast 21 Jahren mein Leben neu anfangen oder fast neu anfangen. Die neue Sprache lernen, neue Kultur kennenlernen, neue Freunde finden. Der Familienzusammenhalt war natürlich sehr wichtig in dieser Zeit.
Was sind denn wichtige Werte, die dich in der Kindheit geprägt haben, und welche davon möchtest du gerne weitergeben?
Als Kind habe ich immer die Liebe meiner Eltern gespürt, und auch der familiäre Zusammenhalt war sehr wichtig. Wichtig finde ich auch Werte wie zum Beispiel Toleranz, Offenheit, inneren Frieden und Harmonie, vor allem, dass man mit sich selbst im Reinen ist.
Ich finde, das sind gute Werte, die man auch weitergeben sollte. Hier hast du das Bild von mir, das ich gemalt habe. Welche Werte und Emotionen siehst du denn, wenn du einen ersten Blick auf das Bild wirfst, und welche Gedanken und Gefühle löst es bei dir aus?
Als erstes stößt die Mutterliebe ins Auge. Die Art und Weise, wie die Mutter das Kind hält, und der Gesichtsausdruck der Mutter strahlen eindeutig mütterliche Fürsorge aus. Es ist einerseits Zärtlichkeit, aber auch eine gewisse Sorge zu sehen. Die Gefühle kann ich sehr gut nachvollziehen, und beim Anblick des Bildes kann ich das auch nachempfinden.
Es freut mich, dass das, was ich mit dem Bild aussagen wollte, auch so rüberkommt. Im Rahmen meines Leistungskurses Kunst habe ich mich dazu entschieden, zum Thema Porträtmalerei eine Mutter-Kind-Beziehung darzustellen, und in dem Bild sieht man eine Mutter, die ganz liebevoll ihr Baby schützend im Arm hält. Ich habe nicht explizit eine Person gemalt, die ich kenne, weil ich nicht nur eine Geschichte erzählen wollte. Dieses Bild soll allgemein eine Mutter-Kind-Beziehung darstellen. Die Frau hat einen leicht erschöpften Gesichtsausdruck, die Augen sind geschlossen. Die Haare sind zu einem schnellen Zopf gebunden. Die Nähe beider Personen soll das innige Verhältnis der beiden verdeutlichen. Die Farben sind dabei leicht getrübt, um den Zustand der Erschöpfung zu verdeutlichen. Im Hintergrund habe ich mich dazu entschieden, kein Symbol einzubauen, da ich der Meinung bin, der Ausdruck und die Körperhaltung der Mutter allein sind aussagekräftig genug. Hast du als junge Mutter auch diese Erschöpfung und gleichzeitige Liebe zum Kind verspürt?
Eindeutig. Du und deine Schwester sind das schönste Geschenk, und das sage ich euch immer wieder. Die Aufgaben einer Mutter, aber auch der Eltern insgesamt, sind nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Man möchte der Rolle auch gerecht werden und für das Kind da sein. Ich habe in der Zeit, als ihr klein wart, auch studiert und zum Teil nebenbei gearbeitet. Natürlich habe ich dann oft auf Schlaf verzichtet, um für euch da zu sein. Das wollte ich auch, und das war für mich auch sehr wichtig. Natürlich war ich oft müde, aber ich war auch glücklich.
Hast du den Wert der Liebe, der Familie und des Zusammenhalts auch in deiner Kindheit wahrgenommen?
Ja, auf jeden Fall. Ich konnte mich immer auf meine Eltern verlassen. Sie haben mich immer unterstützt, aber auch die weiteren Verwandten sind gegenseitig füreinander da. Auch wenn ein Teil nicht hier in der Nähe ist – viele sind ja noch in Russland, und durch die große Entfernung ist es natürlich nicht so einfach -, aber trotzdem spürt man, dass sie auch für dich da sind, wenn du was brauchst. Genauso können sie sich auch auf uns verlassen, wenn etwas ist.
Ja, das stimmt, das habe auch ich so wahrgenommen. Findest du, man könnte die Personen im Bild in eine bestimmte Zeit oder ein bestimmtes Umfeld einordnen?
Das Bild, vor allem die Emotionen der Mutter, sind aus meiner Sicht sowohl ort- als auch zeitlos. Es müsste jeder Mutter so gehen, dass sie das eigene Kind liebt und sich liebevoll um es kümmert, aber auch Sorgen hat und versucht, es vor negativen Einflüssen zu schützen. Müdigkeit und Erschöpfung gehören nun auch mal dazu.
Ich habe dir im vergangenen Jahr viel über den Kunstunterricht und Otto Nagels Leben und auch Werke erzählt. Siehst du Parallelen oder Unterschiede zu seinen Werken, oder fallen dir andere Künstler oder Künstlerinnen ein?
Wenn ich mich recht erinnere, hat Otto Nagel oft Menschen aus Arbeiterschichten gemalt, auch viele Porträts von den Familienmitgliedern, also seine Frau oder seine Mutter, ich glaube auch die Tochter. Die meisten Bilder zeigen auch eine bestimmte Zeit und konkrete Personen. Es sind zwar individuelle Porträts, aber sie sprechen für die gesamte Gesellschaftsschicht. Auf deinem Bild spüre ich die dargestellten Emotionen direkt wieder, dabei muss ich mir weder die Zeit noch den Ort vorstellen. Es ist hier keine konkrete soziale Schicht gemeint, sondern rein menschliche Gefühle dargestellt. Aus meiner Sicht kann diese Gefühle auch ein Vater empfinden.
Auf welche Weise versuchst du mir und deiner Schwester ein Vorbild zu sein und deine Werte weiterzugeben?
Ich versuche vor allem einfach ein guter Mensch zu sein, und ich hoffe, dass ihr das auch so seht. Wir reden ja immer miteinander über vieles, und ihr seht auch dadurch meine Offenheit und Toleranz. Wichtig für mich ist, dass ihr mir vertrauen könnt und dass ihr wisst, dass ich euch unterstütze. Und auch wenn wir mal unterschiedlicher Meinung sind, können wir immer miteinander reden, und wir finden immer eine Lösung. Für mich ist immer wichtig, dass ihr eure eigene Meinung sagen könnt, ihr müsst sie aber auch vertreten und argumentieren können. Das ist auch sehr wichtig für euch für später oder auch jetzt für das Leben außerhalb der Familie.
Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, deine Erfahrungen zu erzählen. Ich danke dir für den tiefen Einblick in deine Gefühlswelt und danke dir auch für deine Bemühungen als Mutter.
Sehr gerne. Ich danke auch dir für dein Interesse und die Möglichkeit, dich bei diesem schönen Projekt zu unterstützen. Ich wünsche dir viel Erfolg.
Angelika im Interview mit ihrer Mutter
Angelika Herzog: Mutterliebe, Acrylmalerei, 41,5 x 29,5cm
Danke Mama, dass ich das Interview mit dir führen darf. Kannst du dich bitte einmal kurz vorstellen: Wer bist du, wo kommst du her und was machst du?
Ich freue mich auf das Interview mit dir. Mein Name ist Helena Herzog, ich komme aus Russland, und ich bin seit 23 Jahren in Berlin. Ich arbeite derzeit im Abgeordnetenhaus für den Petitionsausschuss als Referentin, bin verheiratet und habe zwei wunderschöne Töchter.
Du bist zur Jahrhundertwende von Russland nach Deutschland gekommen. Wie hat dich das denn beeinflusst?
Das war die Zeit vieler Veränderungen, gerade in Russland und auch in meinem Leben. Ich habe mein Studium in Russland abgebrochen und bin mit meinen Eltern und meinem Bruder nach Deutschland gekommen. So musste ich mit fast 21 Jahren mein Leben neu anfangen oder fast neu anfangen. Die neue Sprache lernen, neue Kultur kennenlernen, neue Freunde finden. Der Familienzusammenhalt war natürlich sehr wichtig in dieser Zeit.
Was sind denn wichtige Werte, die dich in der Kindheit geprägt haben, und welche davon möchtest du gerne weitergeben?
Als Kind habe ich immer die Liebe meiner Eltern gespürt, und auch der familiäre Zusammenhalt war sehr wichtig. Wichtig finde ich auch Werte wie zum Beispiel Toleranz, Offenheit, inneren Frieden und Harmonie, vor allem, dass man mit sich selbst im Reinen ist.
Ich finde, das sind gute Werte, die man auch weitergeben sollte. Hier hast du das Bild von mir, das ich gemalt habe. Welche Werte und Emotionen siehst du denn, wenn du einen ersten Blick auf das Bild wirfst, und welche Gedanken und Gefühle löst es bei dir aus?
Als erstes stößt die Mutterliebe ins Auge. Die Art und Weise, wie die Mutter das Kind hält, und der Gesichtsausdruck der Mutter strahlen eindeutig mütterliche Fürsorge aus. Es ist einerseits Zärtlichkeit, aber auch eine gewisse Sorge zu sehen. Die Gefühle kann ich sehr gut nachvollziehen, und beim Anblick des Bildes kann ich das auch nachempfinden.
Es freut mich, dass das, was ich mit dem Bild aussagen wollte, auch so rüberkommt. Im Rahmen meines Leistungskurses Kunst habe ich mich dazu entschieden, zum Thema Porträtmalerei eine Mutter-Kind-Beziehung darzustellen, und in dem Bild sieht man eine Mutter, die ganz liebevoll ihr Baby schützend im Arm hält. Ich habe nicht explizit eine Person gemalt, die ich kenne, weil ich nicht nur eine Geschichte erzählen wollte. Dieses Bild soll allgemein eine Mutter-Kind-Beziehung darstellen. Die Frau hat einen leicht erschöpften Gesichtsausdruck, die Augen sind geschlossen. Die Haare sind zu einem schnellen Zopf gebunden. Die Nähe beider Personen soll das innige Verhältnis der beiden verdeutlichen. Die Farben sind dabei leicht getrübt, um den Zustand der Erschöpfung zu verdeutlichen. Im Hintergrund habe ich mich dazu entschieden, kein Symbol einzubauen, da ich der Meinung bin, der Ausdruck und die Körperhaltung der Mutter allein sind aussagekräftig genug. Hast du als junge Mutter auch diese Erschöpfung und gleichzeitige Liebe zum Kind verspürt?
Eindeutig. Du und deine Schwester sind das schönste Geschenk, und das sage ich euch immer wieder. Die Aufgaben einer Mutter, aber auch der Eltern insgesamt, sind nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. Man möchte der Rolle auch gerecht werden und für das Kind da sein. Ich habe in der Zeit, als ihr klein wart, auch studiert und zum Teil nebenbei gearbeitet. Natürlich habe ich dann oft auf Schlaf verzichtet, um für euch da zu sein. Das wollte ich auch, und das war für mich auch sehr wichtig. Natürlich war ich oft müde, aber ich war auch glücklich.
Hast du den Wert der Liebe, der Familie und des Zusammenhalts auch in deiner Kindheit wahrgenommen?
Ja, auf jeden Fall. Ich konnte mich immer auf meine Eltern verlassen. Sie haben mich immer unterstützt, aber auch die weiteren Verwandten sind gegenseitig füreinander da. Auch wenn ein Teil nicht hier in der Nähe ist – viele sind ja noch in Russland, und durch die große Entfernung ist es natürlich nicht so einfach -, aber trotzdem spürt man, dass sie auch für dich da sind, wenn du was brauchst. Genauso können sie sich auch auf uns verlassen, wenn etwas ist.
Ja, das stimmt, das habe auch ich so wahrgenommen. Findest du, man könnte die Personen im Bild in eine bestimmte Zeit oder ein bestimmtes Umfeld einordnen?
Das Bild, vor allem die Emotionen der Mutter, sind aus meiner Sicht sowohl ort- als auch zeitlos. Es müsste jeder Mutter so gehen, dass sie das eigene Kind liebt und sich liebevoll um es kümmert, aber auch Sorgen hat und versucht, es vor negativen Einflüssen zu schützen. Müdigkeit und Erschöpfung gehören nun auch mal dazu.
Ich habe dir im vergangenen Jahr viel über den Kunstunterricht und Otto Nagels Leben und auch Werke erzählt. Siehst du Parallelen oder Unterschiede zu seinen Werken, oder fallen dir andere Künstler oder Künstlerinnen ein?
Wenn ich mich recht erinnere, hat Otto Nagel oft Menschen aus Arbeiterschichten gemalt, auch viele Porträts von den Familienmitgliedern, also seine Frau oder seine Mutter, ich glaube auch die Tochter. Die meisten Bilder zeigen auch eine bestimmte Zeit und konkrete Personen. Es sind zwar individuelle Porträts, aber sie sprechen für die gesamte Gesellschaftsschicht. Auf deinem Bild spüre ich die dargestellten Emotionen direkt wieder, dabei muss ich mir weder die Zeit noch den Ort vorstellen. Es ist hier keine konkrete soziale Schicht gemeint, sondern rein menschliche Gefühle dargestellt. Aus meiner Sicht kann diese Gefühle auch ein Vater empfinden.
Auf welche Weise versuchst du mir und deiner Schwester ein Vorbild zu sein und deine Werte weiterzugeben?
Ich versuche vor allem einfach ein guter Mensch zu sein, und ich hoffe, dass ihr das auch so seht. Wir reden ja immer miteinander über vieles, und ihr seht auch dadurch meine Offenheit und Toleranz. Wichtig für mich ist, dass ihr mir vertrauen könnt und dass ihr wisst, dass ich euch unterstütze. Und auch wenn wir mal unterschiedlicher Meinung sind, können wir immer miteinander reden, und wir finden immer eine Lösung. Für mich ist immer wichtig, dass ihr eure eigene Meinung sagen könnt, ihr müsst sie aber auch vertreten und argumentieren können. Das ist auch sehr wichtig für euch für später oder auch jetzt für das Leben außerhalb der Familie.
Vielen Dank, dass du dir die Zeit genommen hast, deine Erfahrungen zu erzählen. Ich danke dir für den tiefen Einblick in deine Gefühlswelt und danke dir auch für deine Bemühungen als Mutter.
Sehr gerne. Ich danke auch dir für dein Interesse und die Möglichkeit, dich bei diesem schönen Projekt zu unterstützen. Ich wünsche dir viel Erfolg.
Franka im Interview mit ihrem Vater
Franka: Ryta Calypso, Acrylmalerei, 36 x 29,5cm
Franka im Interview mit ihrem Vater
Franka: Ryta Calypso, Acrylmalerei, 36 x 29,5cm
Billie im Interview mit einer Freundin
Billie: Bewegt, Acrylmalerei, 37 x 29,5cm
Wie würdest du jemandem die Neue-Neue-Deutsche-Welle-Szene erklären, der keinerlei Bezüge dazu hat?
Ich würde sagen, es ist alles noch sehr neu und baut sich noch auf. Ja, es ist alles noch so unsicher und die Leute sind auch noch so alle so sehr… verdienen noch nicht so viel Geld damit, versuchen das sich irgendwie alles selbst zu finanzieren und es irgendwie alles so improvisiert, aber ich finde, deswegen ist es alles auch sehr so aus so einem Drang heraus, irgendwas zu bewegen und was Neues zu erschaffen. Und immer wenn ich auf diesen Konzerten bin, fühlt man halt einfach so diese, dieses Gefühl von etwas Neuem. So eine neue Musikrichtung, oder irgendwie so. Dass dieser Musiker oder Musikerin vorne diese Leidenschaft, diese Musik, eigene Musik endlich vorspielen kann und dass es halt dann Menschen gibt, […] die zuhören”
Vor allem auch, wenn Dinge noch so neu sind und man merkt, dass damit die Musiker und sowas, noch gar nicht so viel Geld verdienen, dann habe ich das Gefühl, merkt man, wie doll doch der Fokus noch auf der Kunst liegt und nicht auf irgendwie dem so anderen Aspekt von der Musik.
Billie im Interview mit einer Freundin
Billie: Bewegt, Acrylmalerei, 37 x 29,5cm
Wie würdest du jemandem die Neue-Neue-Deutsche-Welle-Szene erklären, der keinerlei Bezüge dazu hat?
Ich würde sagen, es ist alles noch sehr neu und baut sich noch auf. Ja, es ist alles noch so unsicher und die Leute sind auch noch so alle so sehr… verdienen noch nicht so viel Geld damit, versuchen das sich irgendwie alles selbst zu finanzieren und es irgendwie alles so improvisiert, aber ich finde, deswegen ist es alles auch sehr so aus so einem Drang heraus, irgendwas zu bewegen und was Neues zu erschaffen. Und immer wenn ich auf diesen Konzerten bin, fühlt man halt einfach so diese, dieses Gefühl von etwas Neuem. So eine neue Musikrichtung, oder irgendwie so. Dass dieser Musiker oder Musikerin vorne diese Leidenschaft, diese Musik, eigene Musik endlich vorspielen kann und dass es halt dann Menschen gibt, […] die zuhören”
Vor allem auch, wenn Dinge noch so neu sind und man merkt, dass damit die Musiker und sowas, noch gar nicht so viel Geld verdienen, dann habe ich das Gefühl, merkt man, wie doll doch der Fokus noch auf der Kunst liegt und nicht auf irgendwie dem so anderen Aspekt von der Musik.
Justus im Interview mit seinem Opa
Justus Schwandt: Internet Sucht, digitale Collage
Um sich aber in einer Gemeinschaft wohlzufühlen, muss man diese Gemeinschaft kennen und schützen.
Peter Schwandt
Solidarität als Ausdruck für Gemeinschaft Gleichgesinnter und Vertrauter gab und gibt es. Solidarität als gemeinsames Engagement für ein gemeinsames aktuelles Ziel gab und gibt es heute ebenso. Zunehmend bedenklich finde ich es, wenn Solidarität für eine Sache als moralischer Wertmaßstab für alle anderen vorgegeben werden soll oder wird.
Peter Schwandt
Engagement war bis 1990 für uns eine Selbstverständlichkeit, neben Familie und neben dem Hobby. […] Seit 1990 hat sich bei uns eine stärkere Orientierung auf das Individuum, die eigenen Interessen und Ziele ausgeprägt.
Peter Schwandt
Das Internet bietet sowohl die Möglichkeit einer schnellen Zustimmung unter vielen Beteiligten, als auch die Möglichkeit einen schnellen und breiten Shitstorm zu organisieren.“
Peter Schwandt
Justus im Interview mit seinem Opa
Justus Schwandt: Internet Sucht, digitale Collage
Um sich aber in einer Gemeinschaft wohlzufühlen, muss man diese Gemeinschaft kennen und schützen.
Peter Schwandt
Solidarität als Ausdruck für Gemeinschaft Gleichgesinnter und Vertrauter gab und gibt es. Solidarität als gemeinsames Engagement für ein gemeinsames aktuelles Ziel gab und gibt es heute ebenso. Zunehmend bedenklich finde ich es, wenn Solidarität für eine Sache als moralischer Wertmaßstab für alle anderen vorgegeben werden soll oder wird.
Peter Schwandt
Engagement war bis 1990 für uns eine Selbstverständlichkeit, neben Familie und neben dem Hobby. […] Seit 1990 hat sich bei uns eine stärkere Orientierung auf das Individuum, die eigenen Interessen und Ziele ausgeprägt.
Peter Schwandt
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Peter Schwandt
Nagel als Ehemann:
Im Dialog mit Walli
Walli in der Waschküche, 1934
Nagel als Ehemann:
Im Dialog mit Walli
Walli in der Waschküche, 1934
Nagel als Kurator in Saratow:
Ein Dialog mit der Zeichnung
Gleisbau in Saratow, 1925
Nagel als Kurator in Saratow:
Ein Dialog mit der Zeichnung
Gleisbau in Saratow, 1925
Armut und Hunger zur Zeit
der Weimarer Republik:
Im Dialog mit den Bettelnden in der Grafik
Städtisches Arbeitslosenzentrum im Wedding, 1926
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Im Dialog mit den Bettelnden in der Grafik
Städtisches Arbeitslosenzentrum im Wedding, 1926
Stöbern Sie gern in unserer vergangenen Ausstellung:
Lebenskreise – Otto Nagel